Station: [8] Zwangssterilisationen in der NS-Zeit


M: Schon zu Beginn der NS-Herrschaft erließ die Regierung um Adolf Hitler das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses. Es wurde am 14. Juli 1933 erlassen, und trat zum Jahreswechsel in Kraft. Erstmals waren damit per Gesetz Zwangssterilisationen in Deutschland erlaubt.

F: Unter Hitler galt: Nur gesunde Deutsche sollten Kinder bekommen. Von 1934 bis 1945 wurden bis zu 400.000 Männer und Frauen zwangssterilisiert. Die Betroffenen waren als „erbkrank“ angezeigt worden, sie kamen vor das sogenannte Erbgesundheitsgericht und wurden als „fortpflanzungsgefährlich“ verurteilt. Auch Patientinnen aus der Heilanstalt Wehnen ereilte dieses Schicksal. Unter ihnen Berta Hansmann. Im Februar 1935 beschloss das Erbgesundheitsgericht Oldenburg ihre Zwangssterilisation. In dem Beschluss heißt es nüchtern:

M: „Die Unfruchtbarzumachende ist erblich mit Tuberkulose belastet. Sie leidet seit Ihrem 10. Lebensjahr an Anfällen von Bewusstlosigkeit. Es handelt sich um Fallsucht. Die Unfruchtbarzumachende ist reizbar und die Intelligenz ist stark herabgesetzt. In Übereinstimmung mit dem ärztlichen Gutachten hat das Gericht die Überzeugung gewonnen, dass die Voraussetzungen zur Unfruchtbarmachung nach dem Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses gegeben sind.“

Gez. Dr. Pauly, Dr. Rau, Dr. Käding - Amtsgericht

F: Lieber Max! (…)

Ich habe mich von dem Operativen Eingriff schnell erholt. Es sind ja leichte Operationen. Aber unangenehm war es mir doch unfruchtbar gemacht zu werden. Nun – das Gebet hilft über Vieles hinweg. Es tragen ja Tausende mit mir. Und doch kommt man sich so entehrt vor. (…)

Mit herzlichem Gruß und Dank

Eure Berta

M: Die Opfer der Zwangssterilisation trugen eine lebenslange Verstümmelung mit sich, viele waren schwer traumatisiert. Eine Heirat mit einem sogenannten „erbgesunden“ Partner war ausgeschlossen. Für die Heilanstalt Wehnen war das PFL in Oldenburg zuständig, das Peter Friedrich Ludwigs Hospital. Dort wurden rund eintausend Sterilisationen unter Verantwortung der Chirurgen Paul Eden und Theodor Kiess vorgenommen. Heute sind in dem Gebäude unter anderem die Stadtbücherei von Oldenburg sowie ein Kulturzentrum untergebracht.

F: Im Mai 2007 wurde das Gesetz zur „Verhütung erbkranken Nachwuchses“ durch den Bundestag zu einem NS-Unrechtsgesetz erklärt und aus der deutschen Gesetzessammlung entfernt. Im Januar 2011 gestand der Bundestag den Opfern einen Entschädigungsanspruch im Rahmen des Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes zu. Heute ist die Zwangssterilisation in Deutschland nach Artikel 1 und 2 des Grundgesetzes verboten.

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