Station: [101] Zwangsarbeiter in der Heilanstalt Wehnen


M:  Nach dem Überfall auf Polen am 1. September 1939 wurden zunächst Kriegsgefangene zur Arbeit nach Deutschland verschleppt. Ähnlich erging es bald auch Zivilpersonen in den besetzten Ländern. In polnischen Dörfern und Städten wurden Männer, Frauen und Kinder festgenommen und ins »Reich« transportiert. Ebenso verfuhren die Deutschen später auch mit Einwohnern der Sowjetunion, Frankreichs, der Niederlande und weiterer besetzter Länder.

F:  Die Männer und Frauen wurden zur Arbeit in der Landwirtschaft und der Industrie gezwungen, durften weder Geld noch andere Wertgegenstände besitzen und keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen. Ihr Lohn war gering - und davon wurde ihnen noch eine Sondersteuer abgezogen. Wer für längere Zeit krank und arbeitsunfähig wurde, dem drohte die Vernichtung. Mehr als tausend Männer und Frauen verloren in Oldenburg aufgrund von Schikane, Entbehrung und Unterernährung ihr Leben. Im Jahr 1945 waren mehr als 12.000 ausländische Menschen als Zwangsarbeiter im Arbeitsamtsbezirk Oldenburg registriert.


M: Wer seelisch erkrankte, wurde in die Heilanstalt Wehnen eingewiesen. Dort sollten die Menschen wieder für den Arbeitseinsatz fit gemacht werden. Hatte die Therapie keinen Erfolg, brachte man sie um. Auf diesem Gräberfeld auf dem Ofener Friedhof sind Männer und Frauen beerdigt, die zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt wurden. Wenn Sie nun in die letzte Reihe des Gräberfeldes gehen, finden Sie auf der linken Seite den Grabstein von Pjotr Solak.

F: Pjotr Solak stammte aus Polen. Er war Ehemann. Er war Vater einer kleinen Tochter. Er war Landwirt. Mit 35 Jahren wurde er nach Delmenhorst verschleppt und musste dort auf zwei Bauernhöfen Zwangsarbeit leisten. Kurz vor Weihnachten 1944 wurde er aufgrund von „Erregungszuständen“ in die Heilanstalt Wehnen eingewiesen. Auf den leeren Seiten seines Wehrdienstbuches schrieb er:

M: „Und ich denke, ob du mich nicht vergessen hast…

Ich sitze in meinem Zimmerchen und denk an dich und wie ihr dort lebt und ob ihr an mich denkt.“

F: Nur zehn Tage später, am 1. Januar 1945, starb Pjotr Solak. Die Todesursache lautete Herz-Kreislauf-Schwäche – der gängigste Befund, wenn die wahren Todesumstände verschleiert werden sollten.

Foto: © Gedenkkreis Wehnen e.V.