Station: [18] Lager Holthausen
F: Das wohl dunkelste Kapitel unserer Stadt ist das Entbindungs- und Abtreibungslager Waltrop-Holthausen in den Jahren 1943 bis 1945.
Norbert Frey, einer der Gründer dieses Museums und Chronist der Stadt, erinnert in seinem Heimatbuch an dieses unrühmliche Kapitel. Sie hören Auszüge aus seinem Buch:
M: „In Waltrop-Holthausen 29 a an der Borker Straße befand sich das zentrale westfälische Entbindungs- und Abtreibungslager für Ostarbeiterinnen. Es war das größte Entbindungs- und Abtreibungslager für Zwangsarbeiterinnen aus Osteuropa im damaligen Deutschen Reich. Insgesamt verzeichneten die erhaltenen Lagerbücher 1.991 Frauen aus der Ukraine, aus Polen und Russland.“
F: Hier im Heimatmuseum haben wir Kopien der beiden erhaltenen Lagerbücher sowie gefundene Lagergegenstände ausgestellt.
M: „Allein im Jahr 1944 wurden 748 Geburten beim Standesamt angezeigt. Die Schwangeren mussten meist bis zum Einsetzen der Wehen auf den Feldern arbeiten. Und das bei schlechter Ernährung und dem Leben in engen Baracken. Mindestens die Hälfte der hier geborenen Kinder kam ums Leben, 490 sind namentlich nachgewiesen. Viele von ihnen starben im Lager, sind auf dem Waltroper Friedhof beigesetzt. Nach der Geburt ging es wieder hinaus aufs Feld oder es erfolgte der Abtransport. Einige versuchten, dem Elend durch Flucht zu entkommen, ….“
F: Erst 1945, nach zwei Jahren Gefangenschaft, wurden die Frauen und Kinder befreit.
M: „Beim Einmarsch der US-Truppen im Jahr 1945 ist August Sander, der im Lager als besonders brutal galt, in einem Jauchefass nach Lüdinghausen gebracht worden, da er sonst von den Lagerinsassen gelyncht worden wäre.“
F: Heute erinnern eine Gedenktafel auf dem Friedhof und „Steine des Vergessens“ in der Waltroper Fußgängerzone sowie ein Mahnmal in der Nähe des Lagers an das Leid der Frauen und Kinder im Lager Holthausen.
M: Von den Verantwortlichen jedoch wurde nie jemand zur Rechenschaft gezogen.
Fotos: © Trüpschuch und Heimatmuseum Waltrop