Station: [14] Puddelstahlwerk, Siemens-Martin-Stahlwerk
Hier beginnt der zweite Teil unserer Ausstellung, in dem wir dem technologischen Ablauf im Eisenhüttenwerk Thale folgen: von den Ausgangsprodukten bis zur fertigen Badewanne oder Emailtasse.
Als erstes musste der Stahl hergestellt werden. Allerdings hat es in Thale zwar einen Hohen Ofen – zum Einschmelzen von Eisenerz – aber nie einen Hochofen – zur Stahlproduktion – gegeben. Denn die vielen Rohstoffe, die es für die Herstellung von Stahl braucht, gab es weder in Thale noch in der näheren Umgebung. So war Thale viele Jahrzehnte lang eine reine Blechhütte.
Erst ab 1874 wird in Thale mit dem Puddelverfahren Stahl hergestellt. Mit diesem Verfahren wird aus Roheisen schmiedbares Eisen gemacht. Die Besonderheit in Thale ist – neben der späten Einführung des Verfahrens – dass aufgrund der Rohstofflage statt Roheisen hauptsächlich Schrott eingesetzt wurde. Der Schrott fiel beispielsweise in Form von Blechabfällen in den eigenen Werksteilen an oder wurde hinzugekauft.
Ein Modell dieser Anlage sehen Sie hinter sich, links neben dem Durchgang. Der Puddler stand an der geöffneten Ofenklappe und musste das verflüssigte Einsatzgut rühren, um den Kohlenstoff zu reduzieren. Da sich dadurch der Schmelzpunkt erhöhte, wurde das Rühren für den Schmelzer immer schwerer.
Direkt an der Öffnung herrschten 1.000 bis 1.100 Grad, giftige Dämpfe traten aus. In dieser Umgebung hielt es niemand lange aus, nach 20 Minuten musste ein Puddler abgelöst werden. Die meisten von ihnen starben früh.
Es hieß, wenn ein Puddler stirbt, wird er am Höllenfeuer Heizer. Da hat er es besser.
Ein Vierteljahrhundert lang – zwischen 1874 und kurz vor 1900 – stellte man in Thale mit diesem Verfahren schmiedbaren Stahl her. Dann befürchtete man, Anschluss an die technologische Entwicklung zu verlieren und keine Qualitätsbleche für das Emailgeschirr mehr herstellen zu können.
Also investierte man in die Siemens-Martin-Technik, bei der Luft und Gas vorerwärmt werden. Damit erreicht man den Schmelzpunkt von Eisen. Bei diesem wesentlich produktiveren Verfahren konnten der vorgegebene Kohlenstoffgehalt gut erreicht und bessere Stahlqualitäten hergestellt werden.
Das Siemens-Martin-Verfahren war das vorrangige Verfahren der Stahlherstellung in Thale zwischen 1900 und 1984.
Alle Abbildungen: © Hüttenmuseum Thale