Station: [6] Der Fuchs und die Gänse am Chorherrenportal


Propst Isfried:

Warte, lass uns einen Moment hier stehenbleiben … (leise) Das ist ein ganz besonderer Augenblick! Du gehst nun gleich zum ersten Mal durch diese Tür. Als Novize und später als Chorherr wirst Du sie jeden Tag mindestens sieben Mal durchschreiten – und zwar jeden einzelnen Tag im Jahr.

Kind:

Das heißt ja … allein in einer Woche 49 Mal.

Propst Isfried:

Die Kirche ist unser Zuhause. Jedes Mal, wenn ich über diese Schwelle trete, sehe ich nach rechts, zu der Säule mit dem schönen Rankenwerk. Der Bildhauer hat dort eine Szene dargestellt, über die ich oft nachdenken muss.

Kind:

Da ist ein Fuchs … mit scharfen Zähnen … er führt sicher nichts Gutes im Schilde … aber seltsam, er trägt ein ähnliches Gewand wie Du.

Propst Isfried:

Stimmt, er trägt unser Mönchsgewand mit der Kapuze. Siehst Du, mit wem der Fuchs spricht? Er predigt – zu einer Schar Gänse. Du musst wissen, dass wir oft hinausgehen in die Dörfer um Jerichow, um zu predigen, das heißt, den Menschen von Gott zu erzählen und mit ihnen Gottesdienst zu feiern. Mich erinnert der Fuchs daran, dass ich mich strikt an das Wort Gottes halte. So wie es in der Bibel geschrieben steht. Der Bildhauer will uns warnen, zum falschen Fuchs zu werden, der die Gänslein verführt, zum falschen Propheten. Die Gänse sind die Menschen dort draußen, für die unser geistlicher Zuspruch so wichtig ist. Ihr Leben ist sehr hart, und der christliche Glaube ist oft das einzige, was ihnen Halt gibt. Wir haben viel Verantwortung.

Foto: © Stiftung Kloster Jerichow