Station: [7] Kirche
F: Wie einfach und schmucklos ist diese Kirche heute! Alle Bauteile sind aus Backstein gemauert. Die Formen sind klar und schnell hat man die Struktur des Raumes erfasst. Die nüchterne, fast abstrakte Gestaltung mag uns heute als Inbegriff religiöser Einkehr und der Konzentration auf das Wesentliche erscheinen. Doch sah es hier im Mittelalter, zur Zeit der Chorherren, noch anders aus.
Damals war der Kirchenraum farbig, reich ausgestattet und nicht zuletzt: dunkler. Die Fenster waren mit farbigen Glasmalereien versehen und teilweise mit Fresken bemalt. In Kirchenschiff und Chor standen zahlreiche Altäre, gestiftet von Menschen außerhalb des Klosters, damit die Chorherren dort nach ihrem Tod für sie beten würden. Denn nichts fürchteten die Menschen des Mittelalters so sehr wie das Fegefeuer. Vielleicht – so die Hoffnung – konnten die Gebete der Prämonstratenser-Chorherren sie daraus befreien?
In der Zeit des Klosters lebten hier nur die Chorherren und bis zu 80 Laienbrüder. Laienbrüder waren Mitglieder der Stiftsgemeinschaft, die keine Priesterweihe abgelegt hatten. Sie waren für die Verrichtung der meisten alltäglichen Arbeiten im Kloster zuständig. Wie viele Chorherren und Laienbrüder in Jerichow genau lebten, wissen wir nicht: Archiv und Bibliothek sind nach der Auflösung des Klosters verlorengegangen.
Die enorme Größe der Kirche erklärt sich nicht aus den tatsächlichen Platzbedürfnissen. Die Kirche wollte hier, im neu erschlossenen, noch wilden Land jenseits der Elbe ihre Macht für alle weithin sichtbar demonstrieren.
Dennoch wurde die Kirche in Zeiten des Klosters intensiv genutzt: Die Chorherren hielten, wie der Name schon sagt, den Gottesdienst oben, im Chor, ab. Das erste von sieben Stundengebeten der Chorherren begann um 3 Uhr morgens, das letzte um 22 Uhr. Dagegen beteten die Laienbrüder unten im Kirchenschiff.
Heutzutage findet an jedem Werktag um 8 Uhr eine Morgenandacht im hohen Chor statt. Dazu sind Sie herzlich eingeladen!
Foto: © Stiftung Kloster Jerichow