Station: [2] Ostapsis der Kirche


M: Bereits drei Jahre nach der Gründung 1144 ziehen die Stiftsherren hier nach draußen vor das Dorf. Am Markt nahe der Burg, wo sie sich zuerst angesiedelt haben, ist es ihnen schlicht zu laut gewesen. Sie sind Prämonstratenser, Angehörige eines damals erst rund 25 Jahre alten Ordens. Es ist ein Reformorden – sie wollen wieder so einfach leben wie es Jesus Christus gelehrt hat.

Zuallererst lassen sie ihre Kirche bauen. Sie hat einen halbrunden Abschluss, die sogenannte Apsis. Im Inneren dieser Apsis steht traditionell der Hauptaltar, der wichtigste Gegenstand für den Gottesdienst. Der Sockel der Kirche ist aus Naturstein gemauert, der Grauwacke. Die Chorherren haben ihn aus Magdeburger Steinbrüchen herschaffen lassen. Für die ganze Kirche wäre das zu mühsam und zu teuer gewesen. So bringen die Chorherren vor Ort die Backsteinproduktion in Gang – mit Materialien, die es hier gibt: Lehm, Sand und Wasser aus den Elb-Auen.

Die Rezepturen stammen von weither: Italienische Handwerker, die am Bau der Kirche arbeiten, haben sie mitgebracht. Von großer Beständigkeit und exakt gebrannt ist der Jerichower Backstein. Einige der Ziegel sind auffällig dunkel. Die Erklärung dafür ist einfach: Sie waren länger im Brennofen. Vier bis fünf Millionen Backsteine, so schätzt man, haben die Bauarbeiter vor Ort hergestellt und verbaut. Das Stift Jerichow ist vermutlich das älteste mittelalterliche Backsteingebäude nördlich der Alpen. Damit legen die Prämonstratenser auch den Grundstein für einen ganzen Wirtschaftszweig. Backsteinproduktion spielt fortan in der Gegend eine große Rolle. So finden sich noch heute im Umland von Jerichow ungewöhnlich viele gut erhaltene Backsteinkirchen aus dem Mittelalter.

Foto: © Stiftung Kloster Jerichow