Station: [5] Was man noch sehen kann – und was nicht
Die großen Fotos an den Wänden dokumentieren das schwere Handwerk des Gerbens. Da beugen sich die Gerber über den Scherbaum, um das nasse Lederstück zu bearbeiten, Ober- und Unterhaut zu entfernen. Ausgeklügelte Werkzeuge unterstützen den Gerber bei seiner schweren Arbeit. So ist der Schab- oder Scherbaum sogar zum Erkennungszeichen für sein Handwerk geworden. Ausgebreitet über den Scherbaum wurde die vorbereitete Haut mittels Enthaareisen und Scherdegen, auch Schab- oder Streicheisen von Fett- und Fleischresten befreit. Diese Werkzeuge hängen neben den Fotos an der Wand.
Der schwere Zurichtetisch in der Raummitte ist aus dem Gerberhaus am Dorfplatz in die Lohmühle gekommen. Auf seiner etwa acht Zentimeter dicken Schieferplatte wurde Hartleder für den Verkauf beschnitten, nach seiner Qualität beurteilt, gewogen und gemessen. Weichleder wurde nochmals mit Kernseife und Fischtran nachbehandelt und mit dem Krispel oder Pantoffelholz geschmeidig gemacht. Den Feinschliff erledigte der Gerber mit dem Glacier- oder Glasreck, mit dem er Futter- und Schürzenleder nachpolierte.
Nur bei wenigen Gelegenheiten hören wir noch den enormen Lärm, der im Inneren des Hauses herrschte. Das Rauschen des Wassers und das Knarren des Mühlrades, das Knirschen und Quietschen der vielen Zahnräder, die ineinandergriffen und die Maschinen antrieben – das alles machte einen ohrenbetäubenden Lärm!
Auch den Schmutz und Gestank und die Ratten, die sich im Umkreis jeder Gerberei verbreiteten, kann man sich heute kaum mehr vorstellen. Und so ist das Verschwinden dieses Handwerks aus Leustetten mit einem weinenden und einem lachenden Auge verbunden: Trauer, dass ein ehemals wichtiges und wirtschaftlich höchst erfolgreiches Handwerk an seinem angestammten Ort nicht mehr ausgeübt wird. Aber auch Erleichterung, darüber, dass die große Umweltbelastung, dass Lärm, Gestank und Ungeziefer jetzt ebenfalls verschwunden sind.
Alle Abbildungen: © Gemeinde Frickingen