Station: [12] Die Webstube
Hier in der Webstube sehen Sie einen voll funktionstüchtigen Webstuhl, ein sogenanntes Getau. Vor rund 100 Jahren fand man solche Webstühle in vielen Häusern Waldniels. Für die Bauern war die Heimweberei ein wichtiges Zubrot. Selbst die kleinen Kinder mussten bereits mit anpacken.
Die Gegend am Niederrhein wird auch Flachsland genannt. Bereits seit dem Mittelalter baute man hier Flachs an. Rund um Waldniel wuchs besonders guter Flachs, mit festen und stabilen Fasern. Die Pflanze zu verarbeiten, war mühselig und zeitaufwendig – und erforderte zahlreiche Arbeitsschritte.
Zunächst musste der geerntete Flachs in Flachskuhlen für mehrere Wochen gewässert werden, dann getrocknet, dann gebrochen. Anschließend folgte das sogenannte Schwingen, hier wurden die letzten hölzernen Teile aus dem Flachs geschlagen. Dann ging es weiter zum Hecheln. Dabei wurde der Flachs über spezielle Bretter mit Eisenstiften gezogen und ausgekämmt. Erst grob, dann immer feiner. Jetzt erst konnte der Flachs zu Fäden gesponnen werden.
Bekannt war Waldniel auch für seine Bleiche. Die war nämlich von besonderer Qualität. Das Leinen wurde dazu in speziell angelegten Kanälen mit dem Wasser des Kranenbachs übergossen – und anschließend in der Sonne getrocknet. Dem Wasser des Kranenbachs wurde eine besondere Wirkung nachgesagt. Es soll für ein einmaliges Weiß gesorgt haben. Wie auch immer, das Waldnieler Leinen schaffte es sogar bis nach Rom in den Vatikan.
Anfang des 20. Jahrhunderts trat schließlich die Baumwolle ihren Siegeszug an, die Nachfrage nach Flachs ging immer stärker zurück. Zudem wurde nun nicht mehr am heimischen Webstuhl produziert, sondern in Fabriken, an zum Teil bereits automatisierten Webstühlen.
Alle Abbildungen: © Heimatstube Waldniel