Station: [46] Saubermänner
Wende dich um! Vom Irgendwohin hin zum lebendigen Gott! He! Dein Gesicht wird steinern? Es gefällt dir nicht, was ich sage? Deine Hand sinkt, wird zur Faust. Ihr wechselt Blicke – Und dann fällt ihr über mir her! Mit Witzen, mit Worten. Mit Steinen!? Saubermänner. Wenn ich an Lystra denke, spüre ich die Steine an meinem Schädel abprallen, mit denen sie mich töten wollten. Saubermänner. Ich verlor das Bewusstsein. Sie schleiften meinen Körper vor die Stadt hinaus, warfen ihn den Abhang hinunter. Saubermänner. Als ich wieder zu mir kam, standen meine Freunde um mich herum. Sie konnten nicht glauben, dass ich noch lebte. Aus dem Tagebuch von Hatun Aynur Sürücü, geboren neunzehnhundertzweiundachzig in Berlin, kurdischer Herkunft. Saubermänner. Heute habe ich meine Eltern besucht. Mein Vater forderte, dass ich der Familie meinen Sohn Can zur Erziehung übergebe. Tapfer hielt ich ihm dagegen, dass wir nicht mehr in der Türkei lebten und hier die Frauen die gleichen Rechte wie die Männer hätten. Er gab mir Ohrfeigen, so lange, bis meine jüngere Schwester Songül sich zwischen uns stellte. Ich schrie zurück, dass ich ihn anzeigen würde, worauf er mir mit dem Tod drohte. Ich habe Angst, dass mein Vater seine Drohung wahr macht. Am siebten. Februar zweitausendfünf wurde Hatun an einer Bushaltestelle in Berlin durch mehrere Kopfschüsse getötet. Saubermänner.