Station: [8] Von Königshain in die Welt
Eule: „Von Königshain in die Welt“ – glaubt bloß nicht, es ginge jetzt um die Steinarbeiter und Steinarbeiterinnen. Die kamen meist nicht weit weg aus Königshain. Urlaubstage gab es nämlich nicht, anfangs zumindest, und später erst mal nur zwei bis drei Tage im Jahr. Das Einzige, was von hier aus wirklich in die weite Welt kam, waren - die Granitsteine. Schaut mal: wo ihr sie heute noch sehen könnt!
Sprecherin: Da hat sie wohl recht, die Eule. Dennoch gab es ein Gebäude, das die Königshainer sich selbst anschauen konnten, selbst in ihrer knappen Freizeit. Und hier kommen wir noch einmal zu Carl Adolph Gottlob von Schachmann. Er zeichnete nicht nur in den Wäldern rund um Königshain. 1774 ließ er auf dem Steinberg, der auf der Südseite von Königshain liegt, einen Aussichtspunkt bauen. Einen kleinen weiß leuchtenden Tempel, dessen wuchtige Pfeiler aus unserem Steinbruch kamen.
70 Jahre später kam unser Granit dann nicht mehr nur zum Abstützen eines Gebäudes in Einsatz. Kein Wunder, denn jetzt ging es darum, der Eisenbahn eine sichere Überfahrt zu gewährleisten. Eine hohe Brücke musste her, und Königshainer Granit war dafür das Material der Wahl. 475 Meter ist die Brücke lang, 1847 wurde sie fertig gestellt. Sie führt bei Görlitz über die Neisse, und verbindet Deutschland mit Polen, genauer gesagt die beiden Städte Dresden und Breslau. Sie gehört zu den ältesten Eisenbahnbrücken Deutschlands.
Und nochmal war Görlitz das Ziel Königshainer Granitsteine. Diesmal brauchte die Stadtsparkasse ein neues Gebäude. 1911 war das, am Postplatz wurde ein stattliches Eckhaus gebaut, in dem neben der Sparkasse auch das Standesamt, die Friedhofsverwaltung und ein Bestattungsunternehmen Quartier bezogen. Schauen Sie sich das Foto der Sparkasse einmal genauer an: Die großen Quader der Fassade sind aus Königshainer Granit.
Weiter geht es zum Kap Arkona auf Rügen. Kap Arkona ist eine 43 Meter hohe Steilküste im Norden der Insel. Hier stehen zwei Leuchttürme. Der kleine eckige stammt von dem berühmten Architekten Karl Friedrich Schinkel und wurde 1828 in Betrieb genommen. Später stellte man ihm einen höheren Turm zur Seite. Der ging 1905 in Betrieb und steht auf einem soliden Sockel aus – na, ihr ahnt es schon! – Königshainer Granit.
In Berlin steht seit 1949 das größte Denkmal für die gefallenen Soldaten der Roten Armee. Es ist das Sowjetische Ehrenmal im Treptower Park. 40.000 Kubikmeter Granit wurden hier verbaut. Die drei Meter hohe Figur einer Mutter, die um ihre gefallenen Söhne trauert, auf dem Vorplatz ist aus einem einzigen Granitblock aus den Steinbrüchen in Hilbersdorf entstanden.
Im Münchner Olympiapark wiederum kam der Königshainer Granit in seiner – sagen wir – gewöhnlichen Form in Einsatz: Als Pflasterstein. Sie kamen in der Bauzeit, das heißt zwischen 1966 bis 1972 in die Stadt an der Isar und liegen seitdem auf den Wegen und Plätzen des Olympiaparks den Besuchern wortwörtlich zu Füßen.
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