Station: [7] Haus 1_1.OG: Aufnahme in Nordhessen


F: Der Dreißigjährige Krieg hatte Hofgeismar und seine Umgebung schwer getroffen. Noch mehrere Jahrzehnte nach dem Ende des Kriegs lag die Stadt darnieder und zählte kaum mehr als 300 Einwohnerinnen und Einwohner. Die Ansiedlung französischer Protestanten, die ab 1685 als Glaubensflüchtlinge nach Hofgeismar und Umgebung kamen, war somit von größter Bedeutung. Innerhalb weniger Jahre machten sie knapp die Hälfte der Bevölkerung aus.

F: Fast zeitgleich mit den Hugenotten aus dem Queryas – das ist eine alpine Landschaft im südlichen Teil der französischen Alpen –, machten sich die Waldenser 1685 ebenfalls auf den Weg in die Freiheit. Ihr Weg führte sie nach Frankfurt. Dort schlossen sie sich mit hugenottischen Flüchtlingen, den Walonen, aus der Pfalz zusammen. Unter Führung des Waldenserpfarrers David Clement zogen sie weiter über Kassel bis nach Hofgeismar, wo sie im Februar 1686 ankamen. Lokale Beamte hatten bereits Gebiete in der Umgebung ausgewählt, wo sich einige der Geflüchteten niederlassen konnten.

M: Die erste Siedlung wurde in der Nähe der „Wüstung Gauze“ am „Diebesweg“ gegründet. Sie wurde nach dem Landesherren Karl „Carlsdorf“ genannt. 1699, während einer zweiten großen Flüchtlingsbewegung, entstanden die Siedlungen Schöneberg, Kelze und Sieburg. Aus ihnen ging das heutige Bad Karlshafen hervor. Nach über 30 Jahren und vielen Kämpfen um Anerkennung – denn den piemontesischen Waldensern wurden in vielen Orten die Ansiedlung untersagt, weil man keine „Bettler“ haben wollte – durften sie sich in Gottstreu und Gewissenruh an der Weser niederlassen, rund 25 Kilometer von Hofgeismar entfernt.

F: Die Bibel hatte für die reformierten Gläubigen eine enorme Bedeutung. Aber sie war Fluch und Segen zugleich: Denn wer auf seiner Flucht mit einer calvinistischen Bibel im Gepäck erwischt wurden, hatte nichts zu lachen! Daher erschienen in den Zeiten der Verfolgung winzig kleine Bibelausgaben, die beispielsweise in einem Spiegelrahmen versteckt werden konnten. Solch ein Versteckspiegel liegt in der Vitrine gleich hinter dem Holzbalken.

M: Wesentlich größere Bibelausgaben finden Sie im Raum rechts von Ihnen.

Fotos: © Stadt Hofgeismar / Paavo Blåfield