Station: [123] Schwenninger Hansel
Schon aus dem 18. Jahrhundert sind Fälle von Schwenninger "Überläufern" belegt, die sich aus dem württembergischen Dorf zur Villinger Fastnacht schlichen. Das war nicht ungefährlich, denn das katholische Brauchtum war in protestantischen Gegenden verboten. 1706 wurden zwei Mädchen zur Halsgeige, einer Art Pranger, verurteilt, weil sie "unzüchtige Tänze" zur Fastnacht aufgeführt hatten. Ein Vater und sein Sohn standen 1730 vor dem Dorfgericht, weil sie in der Nachbarstadt Villingen in Narrenkleidern gelaufen waren. Ebenso erging es etlichen unverheirateten Paaren im Jahr 1778 – denen obendrein vorgeworfen wurde, in Villingen über den Schwenninger Gemeinderat gelästert zu haben. Auf Dauer konnte die Verbreitung dieses Brauchtums jedoch nicht verhindert werden. Nach Vorlage der alten Weißnarren entwarf der Maler Paul Goetze 1932 den Schwenninger Hansel, der sich optisch deutlich als jüngerer Bruder des Villinger Narro zu erkennen gibt. Als die Hansel-Figur im Franziskanermuseum im Jahr 2000 neben dem Narro aufgestellt wurde, hagelte es Kritik vor allem von Seiten der Villinger Narro-Zunft. Zu viel Nähe zwischen Villingern und Schwenningern war offenbar nicht erwünscht.
Foto: © Franziskanermuseum