Station: [119] Neue Straße 27: Deutsches Haus


M: Eine Gaststätte mit dem Namen „Deutsches Haus“ durfte früher in keiner Kleinstadt fehlen. Das Deutsche Haus von Stavenhagen lag hier, in der Neuen Straße. 1841 von dem Chirurgen und Gastwirt Louis Metze erbaut, war es nicht nur ein beliebter Treffpunkt für das Feierabendbier.

F: Hier tagte auch der Stavenhagener Reformverein, ein loser Zusammenschluss von fortschrittlichen Bürgern, die die rückständigen Verhältnisse hinter sich lassen wollten und für eine parlamentarische Demokratie kämpften. Fritz Reuter gehörte dazu, der Gastwirt Louis Metze selbst, der Schuster Johannes Bank, der nur zwei Häuser weiter wohnte, der Stadtsprecher Christian Allmer. Vorsitzender des Reformvereins war der Apotheker Carl Christoph Grischow, Fritz Reuters guter Freund und Vormund.

M: Der Reformverein hatte mehrere Versammlungsorte. Er traf sich hier im „Deutschen Haus“ oder im „Gasthaus Grammelin“ in der Alten Schulstraße. Auf jeder dieser Sitzungen dürfte es hoch hergegangen sein. Da wurde geschimpft und gewettert und der geachtete Anwalt des Städtchens führte seine gutgläubigen Mitbürger auch mit der einen oder anderen erfundenen Zeitungsmeldung hinters Licht.

F: Beinahe legendär geworden sind die Worte, die Reuter dem linkischen Inspektor Bräsig während einer Debatte um die Ursachen der Armut in den Mund legte:

M (Zitat): „‚Mitbürger!‘ begann Bräsig aufs neue, ‚ich will man sagen: die Wohnung, die Kuhweide und das Holz und Torf und das Kartoffel- und Leinland, das sünd for den Tagelöhner auf dem Lande sein Rindfleisch un Plummen. Sie smecken sehr gut, aber sie kriegen`s man nich, und daher stammt sich die Armut auf dem Lande. – Aber woher stammt sie sich in der Stadt? – Mitbürger, ich will`s euch sagen, denn ich wohn schon lang genug hier in der Stadt und regardier die Menschheit: die große Armut in der Stadt kommt von der großen Powerteh her!‘“

Foto: © Fritz-Reuter-Literaturmuseum