Station: [113] Neue Straße 13: De olle Post


F: „Postkommissar“. Das klingt doch gut!

M: So dachte sich Carl Wilhelm Stürmer, als man ihm die Stelle des Stavenhagener Postbeamten anbot.

Dafür musste er sein Wohnhaus an der Ecke Neue Straße / Wallstraße in ein Postamt umwandeln. Hier wohnte Stürmer zwischen 1810 (dem Geburtsjahr Fritz Reuters) und 1853. Und demensprechend war hier auch das Postamt…

F: … oder „de olle Post“, wie die Stavenhagener das Gebäude liebevoll nannten. Besonders hoch dotiert war der Job zwar nicht. Aber Stürmer und seiner Frau ging es um die Ehre. Fritz Reuter erinnert sich:

M (Zitat): Seine postalischen Verdienste sind später durch eine kleine Zulage und die Beilage des Postcommissariustitels von hoher Großherzoglicher Kammer gründlich gewürdigt worden. Er und seine Gattin liebten diesen Titel, ich hasste ihn, denn er hat mir eine arge Beschämung eingetragen. – Ich wurde nämlich einmal von meinem Vater in irgend einer Angelegenheit zu ihm geschickt und fragte seine Frau: "Ist der Herr Postmeister nicht zu Hause?" Da ward mir aus hohen Wolken herab die Antwort: "Mein Kind, der ‘Herr Postmeister’ ist nicht zu Hause, aber der ‘Herr Postcommissarius’ sind zu Hause." Ich habe die gute Dame später nie anders als ‘Frau Postcommissariussin’ genannt. Die beiden alten, guten Leute sind todt, sie waren ein harmlos gemüthliches Paar, sie emphatisch, er phlegmatisch, und beide bis in ihre alten Tage dramatisch.“

F: Auch ihr Haus steht nicht mehr. Es wurde 1981 zusammen mit den Nachbarhäusern abgerissen. Armer Postkommissarius!

Fotos: © Fritz-Reuter-Literaturmuseum