Station: [100] Dat olle Rathus
F: Die „Reuterstadt Stavenhagen“ heißt nicht umsonst „Reuterstadt Stavenhagen“. Auf Schritt und Tritt begegnen Ihnen hier die Lebensstationen des mecklenburgischen Dichters, seine Figuren, die Schauplätze seiner Romane und Versdichtungen.
M: Wenn Sie also auf den Spuren Fritz Reuters‘ durch unser Städtchen wandern möchten, kommen Sie einfach mit: In 26 Stationen erlaufen wir uns das Leben und Werk des Stavenhagener Dichters, der zu Weltruhm gelangte.
F: Wir beginnen gleich hier: am „alten Rathaus“ (oder am „ollen Rathus“), in dem Fritz Reuter 1810 das Licht der Welt erblickte. Sein Vater – Georg Johann Jakob Reuter – war der Bürgermeister des kleinen Städtchens und die Familie wohnte im Erdgeschoss links. Die beiden Fenster ganz links gehörten zur „Stube der Frau Bürgermeisterin“ Johanna Louisa Sophia Reuter, geborene Ölpke. Und in dieser Stube gebar sie im November 1810 ihr erstes Kind: Heinrich Ludwig Christian Friedrich – den späteren Schriftsteller Fritz Reuter.
M: Das Rathaus stand zu diesem Zeitpunkt bereits seit 25 Jahren. Es war als zweigeschossiger, spätbarocker Putzbau mit Mittelportal und einer kunstvoll verzierten Rokokotür errichtet worden. Den Balkon im ersten Oberschoss gab es allerdings noch nicht: Er kam erst Ende des 19. Jahrhunderts – also sogar nach Fritz Reuter’s Tod – hinzu.
F: Bürgermeister Reuter war streng – und äußerst erfolgreich. In seiner Erzählung „Meine Vaterstadt Stavenhagen“ erinnert sich der nunmehr berühmte Sohn:
M (Zitat): „… er war fast 40 Jahre hindurch Triebfeder und Unruh in der Uhr des städtischen Lebens, und was mehr sagen will, er war auch ihr Pendel und Regulator. […]; eine peinliche Ordnungsliebe in Lebensweise und Geschäftsführung hielt diesem Vorwärtsdringen und Streben das glückliche Gleichgewicht. Was für das städtische Wohl gewonnen wurde, ward durch ihn gewonnen und erhalten, und zwar durch ihn allein und nach seinem Willen; denn dass sich bei ihm in dem langen Verlauf seines Wirkens und bei fast vollkommenem Mangel an anderer Einsicht und Hülfe ein starker Eigenwille ausprägen musste, war nicht mehr als natürlich.“
F: Mit anderen Worten: Bürgermeister Reuters Disziplin und Arbeitseifer waren gut für die Stadt – aber ein schweres Erbe für seinen musisch begabten, verträumten Sohn.
M: Wenn Sie jetzt links am Haus vorbei, den Weg hinauf zum Schloss gehen, kommen Sie an unsere nächste Station.
Foto: © Fritz-Reuter-Literaturmuseum