Station: [803] Vom Flachs zum Leinen


F: Aus diesen struppigen Stängeln soll mal ein weiches Hemd werden? Das kann man eigentlich kaum glauben! Und doch ist es wahr. Viele Jahrhunderte lang hatten die Menschen nur zwei Stoffe, aus denen sie ihre Kleidung machten: Es gab Schafswolle, aus der man dicke und warme Winterpullover stricken konnte. Und es gab Leinen, das man für die Sommerkleidung nahm. Und dieses Leinen, das stellten die Menschen aus solchen harten und struppigen Pflanzen her. Das war eine sehr aufwändige Sache!

Zuerst mussten die Pflanzen gesät werden. Oben an den Halmen siehst du ja so kleine Kügelchen. Da sind die Samen drin. Aus diesen Samen wachsen innerhalb von 100 Tagen schöne, große Pflanzen, die dann geerntet werden können. Doch das, was man von diesen Pflanzen braucht, um weiche Stoffe zu machen, das liegt ganz im Inneren der Stängel. Da muss man rankommen. Dafür muss man die Stängel einweichen und dann wieder trocknen lassen.

Dann muss man die Stängel ganz vorsichtig in kleine Stücke zerbrechen. Aber nur so, dass die weiche Faser im Innern nicht auch kaputtgeht. Und wenn die harte, äußere Schicht weg ist, dann muss man die weiche Faser immer und immer wieder durch ein Gerät ziehen, das aussieht, wie eine riesige Bürste mit Eisenborsten. Dabei darf man sich natürlich nicht verletzen. Und wenn die Fasern dann schön weich gekämmt sind, dann müssen sie zu Garn gesponnen werden. Kilometer und Kilometer und Kilometer von Garn, das auf große Spulen aufgerollt wird.

Und im letzten Schritt wird dieses Garn dann zu einem Stück Stoff gewoben. Auf dem Webstuhl, diesem großen, stehenden Rahmen aus Holz, den du ganz hinten hier im Raum siehst. Und erst wenn das Stück Stoff auf dem Webstuhl fertig ist, dann kann man daraus ein Hemd oder eine Hose schneidern.

Was für eine Wahnsinns-Arbeit für ein Kleidungsstück! Unglaublich!

Fotos: © Tanja Heinemann