Station: [100] Das Micheleshaus
M: Von außen sieht es recht unscheinbar aus. Dieses Haus mit den grünen Fensterläden und der kleinen rotbraunen Eingangstür.
F: Doch das Micheleshaus ist das älteste, heute noch erhaltene Wohnhaus Mögglingens. Bis ins Jahr 1513 lassen sich die Bewohner zurückverfolgen. Anfangs diente das Gebäude als Pfarrhaus und Zehntscheuer. Das bedeutet: Die Bauern, die der Kirche gegenüber zu Abgaben verpflichtet waren, lieferten hier ihr Getreide und andere Naturalien ab. Und zwar immer den zehnten Teil davon.
M: 1760 hieß es für die Geistlichen schließlich: Koffer packen. Das neue Pfarrhaus war endlich fertig. Der Umzug gestaltete sich vermutlich recht einfach, schließlich wechselte man ja nur auf die andere Straßenseite.
F: Das bemerkenswert stattliche Pfarrhaus scheint jedoch irgendwie gar nicht so recht hierher zupassen. Das kann mit dem Erbauer zu tun haben. Das war nämlich kein Geringerer als Johann Michael Keller der Jüngere.
M: Johann? Michael? Keller???
F: Seines Zeichens Stadtbaumeister von Schwäbisch Gmünd. Auf sein Konto gehen unter anderem die Augustinerkirche sowie das Rathaus der Stadt.
M: Aber zurück zum Micheleshaus. Nachdem der Pfarrer ausgezogen war, zog der Schultheiß samt Amtsstube hier ein. Der erste Gemeindevorsteher, der hier ab 1760 lebte, war ein gewisser Johann Elser. Er begründete gleich eine ganze Schultheißen-Dynastie:
F: Vier Mal infolge stellte die Familie Elser den Ortsvorsteher – und bestimmte damit über 80 Jahre lang die Geschicke des Dorfes. Auf die Elsers folgten die Herren Rieg, die es immerhin auf drei Bürgermeister infolge brachten. Den letzten von ihnen, Ignaz Rieg, ereilte ein tragisches Schicksal: Er ertrank 1887 im Hochwasser der Rems. In der Zeitung war zu lesen:
M: „Eine fürchterliche rabenschwarze Märznacht, von Sturm und Regen gepeitscht, hat den in jugendlicher Fülle strotzenden, sorglos und fröhlichen Mutes dahin wandelnden jungen Mann als Opfer ausersehen. (…) nur wenige Schritte, ein Fehltritt und hinab sank das junge Leben in des Wassers Tiefe. Nur als Leiche sollte er dem (…) treu besorgten Vater und den (…) Geschwistern wieder gegeben werden.
F: Und nun kämen wir auch zur Erklärung, wie das Haus zu seinem Namen kam: Der vorletzte Bewohner war ein Bauer namens Michael Schweizer. Im Ort wurde er gemeinhin nur Kirchen-Michel genannt. Und das Haus war eben das Micheleshaus.
M: Das Gebäude selbst ist ein sogenanntes Eindach-Haus. Das bedeutet, Wohnhaus, Stall und Scheune – kurzum, das gesamte Hab und Gut – sind unter einem Dach vereint. Dementsprechend mächtig ist auch die Dachkonstruktion. Im Laufe der Zeit wurde das Haus mehrmals umgebaut. Das Obergeschoss besteht aus Fachwerk. Ab 2007 wurde es mit viel ehrenamtlichem Engagement restauriert und in ein Heimatmuseum verwandelt.
Fotos: © Jürgen Bahnmayer