Station: [35] Wetterfahnen
So, liebe Hörerinnen und Hörer! Jetzt sind wir angekommen in den luftigen Höhen des Museums und Sie hören es schon. Hier lernen wir die Wetterhähne kennen…. die seit Jahrhunderten nicht nur unsere Kirchtürme schmücken, sondern auch die Richtung anzeigen, aus der der Wind weht. In landwirtschaftlich geprägten Gegenden ist das eine wirklich wichtige Information!
Da gibt es krähende Wetterhähne, stolz vor sich hinschreitende Wetterhähne, manche haben einen prächtigen Schwanz und manche sind schon etwas demoliert und in die Jahre gekommen…
… und dann gibt es noch die elegant dahingleitenden Wetterschwäne!
Wetterschwäne?! Davon habe ich ja noch nie gehört! Wie soll denn so etwas aussehen?
Jaa… da müssen Sie mal zwei Schritte nach rechts machen und über den Durchgang schauen.
Tatsache! Ein Wetterschwan! Wo gibt’s denn sowas?
In Ostfriesland.
In Ostfriesland?
Ganz genau. In Ostfriesland gibt es Wetterhähne und Wetterschwäne. Je nach Kirche.
Wie? Je nach Kirche…? Große und kleine, dicke und dünne Kirchen, oder was?
Unsinn. Lutheraner und Calvinisten. Darum geht es.
Lutheraner? Calvinisten? Was haben die denn mit Tieren zu tun?
Ganz einfach: In Ostfriesland zeigen die Wetterhähne (oder Wetterschwäne) nicht nur die Windrichtung an, sondern auch, zu welcher Konfession man gehört. Evangelisch sind ja irgendwie alle. Aber manche hängen der Lehre von Martin Luther an – die haben einen Schwan auf ihrer Kirchturmspitze. Und andere folgen dem Reformator Johannes Calvin, der in Genf gelebt hat. Das sind die sogenannten „Reformierten“, und die haben weiterhin einen stinknormalen, langweiligen Hahn auf dem Dach.
Aha. Und die Lutheraner sind davon abgewichen. Aber… warum?
Weil Luther der Schwan ist.
Luther? Martin Luther? Ein Schwan?
So hat es jedenfalls einer seiner Vorgänger, der tschechische Reformator Jan Hus gesagt. Als er zum Scheiterhaufen geführt wurde, soll er gesagt haben:
„Heut in des argen Feuers Glut, ein arme Gans ihr braten tut, nach hundert Jahren kommt ein Schwan, den sollt ihr ungebraten lan“… also: „lassen“.
Und genau 100 Jahre später – Überraschung! – war Martin Luther zur Stelle und hat… na ja, Sie wissen ja, was er gemacht hat.
Er hat die Kirche reformiert. Und dafür gesorgt, dass es fortan Katholiken und Protestanten gab.
Und bei den Protestanten eben: Lutheraner und Reformierte – Schwäne und Hähne.
Und die Klempner in Ostfriesland?
Die müssen beides können: Schwäne und Hähne. Je nachdem, welchen Kirchturm sie gerade decken.
Alle Abbildungen: © Europäisches Klempner- und Kupferschmiedemuseum, Foto: Klaus Hofmann