Station: [3] Gedenktafel Carl von Klewitz


F: Belgien hat sie. Frankreich auch. Und Großbritannien sowieso. Warum nicht also auch das Deutsche Kaiserreich? Die Antwort des Reichskanzlers Otto von Bismarck: 

M: „So lange ich Reichskanzler bin, treiben wir keine Kolonialpolitik. Wir haben eine Flotte, die nicht fahren kann, und wir dürfen keine verwundbaren Punkte in fernen Weltteilen haben, die den Franzosen als Beute zufallen, sobald es losgeht."

F: Doch dann ändert Bismarck seinen Kurs – und zwar radikal. Wirtschaftliche Interessen könnten ihn dazu veranlasst haben. Denn es sind vor allem die Handelsgesellschaften und Unternehmer, die die kolonialen Bestrebungen vorantreiben. Und so gründet das Deutsche Kaiserreich ab 1884 die Kolonien Deutsch-Südwestafrika und Deutsch-Ostafrika, sowie Kamerun und Togo. Hinzu kommt noch Deutsch-Neuguinea, bestehend aus mehreren Inseln im Südpazifik. 

M: „Deutsche Schutzgebiete“ – so werden die Kolonien genannt. Und um die Schutzgebiete zu schützen, allen voran die wirtschaftlichen Interessen, werden Soldaten ausgesandt. Darunter ein gewisser Leutnant Carl Klewitz. Er dient im Dragoner-Regiment „Königin Olga“, das zu jener Zeit in Ludwigsburg stationiert ist. Von ihm stammt diese Gedenktafel hier. 

F: Von 1904 bis 1912 ist Carl Klewitz in Deutsch-Südwestafrika, dem heutigen Namibia, stationiert. Er wird mit dem Militärverdienstorden ausgezeichnet sowie dem Personaladel. Aus dem einfachen Herrn Klewitz wird ein Herr von Klewitz. Derart dekoriert schickt man ihn als Inspekteur der Polizeitruppe nach Deutsch-Neuguinea. Die Inselgruppe wird zu Beginn des Ersten Weltkriegs von Australien erobert und Klewitz kommt in australische Kriegsgefangenschaft. 1928 lässt er, anlässlich der Stuttgarter Kolonial- Ausstellung samt Völkerschau, diese Gedenktafel anfertigen. Über seine Motive können wir heute nur spekulieren. 

M: Über was man hingegen nicht spekulieren muss, ist die Bilanz der deutschen Kolonialzeit: Der wirtschaftliche Nutzen war gering, die politischen Konsequenzen gravierend – und das menschliche Leid unermesslich. 

F: 1904 kommt es in Deutsch-Südwestafrika zu einem Aufstand der Herero, dem sich die Nama unter Hendrik Witbooi anschließen. Die deutschen Truppen gehen mit brutaler Gewalt vor. Bis zu zwei Drittel der Herero-Bevölkerung sterben, von den etwa 20.000 Nama kommt die Hälfte ums Leben. Die Niederschlagung des Aufstands gilt heute als der erste Genozid des 20. Jahrhunderts.

Fotos: © Garnisonsmuseum Ludwigsburg