Station: [13] Gesetzesblatt des Herzogs von Württemberg


M: Ulrich von Gottes Gnaden Herzog von Württemberg … so beginnt die „Verordnung gegen das Gotteslästern und Zutrinken“ aus dem Jahr 1515. Mit dem Erlass sollte eine recht spezielle Form des Trinkens abgeschafft und unter Strafe gestellt werden. Das sogenannte Zutrinken lief nach folgendem Schema ab …

F: Der erste erhob seinen Becher und stieß auf das Wohl seines Tischnachbarn an. Dann trank er den Becher in einem Zug aus. Nun war der Angesprochene an der Reihe. Auch er musste nun seinen Becher in einem Zug leeren. Eine Ablehnung wäre einer schweren Beleidung gleichgekommen. Und so ging es nun weiter … und weiter … und weiter. Und wie das Ganze endete, kann man sich gut vorstellen.

M: Am Ende des Mittelalters erfreute sich dieses Ritual vor allem unter Adeligen größter Beliebtheit. Auf dem Reichstag zu Worms 1521 sollen zum Beispiel 72 Adelige in nur einer Nacht 1.200 fränkische Maß Wein getrunken haben – das sind umgerechnet fast 17 Maß pro Kopf!

F: Diese Trinkfreudigkeit hatte wohl mit einer Veränderung der Tischsitten zu tun. In früheren Zeiten kreiste an der höfischen Tafel lediglich ein Becher reihum. Im 15. Jahrhundert änderte sich das und jeder Adelige bekam sein eigenes Trinkgefäß.

M: Hinzu kam, dass sich immer mehr feste Residenzen bildeten. Die Herrscher zogen nicht mehr umher, sondern blieben nun an einem Ort. Dadurch konnte das adelige Leben mitunter schnell langweilig werden. Das maßlose Trinken war also auch eine Art Zeitvertreib.

F: Immer wieder wurde das Zutrinken jedoch verboten. So wie 1515 vom württembergischen Herzog Ulrich. Solche Verbote wurden aber nicht etwa aus gesundheitlichen Bedenken erlassen, es geschah vielmehr aus Sorge vor dem göttlichen Zorn. Die Syphilis beispielsweise, die seit Ende des 15. Jahrhunderts in Europa grassierte, wurde von Geistlichen als eine solche Strafe Gottes gedeutet.

M: Erst am Beginn des 18. Jahrhunderts fand das Zutrinken ein Ende – und feinere Tischmanieren hielten Einzug. Ein Reisender stellte 1731 erleichtert fest, dass „die abscheulichen Willkommenshumpen und das viel Gesöff (…) nun in Deutschland sehr abgeschafft“ seien. Na dann zum Wohl. 

 

Foto: © Förderverein Museum im Steinhaus e.V.