Station: [5] Uhrenindustrie Junghans
M: Er war der „Uhrenkönig“ des Schwarzwalds.
F: … ein Industriepionier.
M: … ein Freund von Gottlieb Daimler.
F: Arthur Junghans war aber noch etwas anderes ...
M: … nämlich ein Spion.
F: Naja, zumindest zeitweise. Aber mal der Reihe nach …
M: Arthur Junghans. Geboren am 19. Oktober 1852. Sohn von Erhard Junghans und Luise Junghans-Tobler. Er ist das fünfte von insgesamt acht Kindern, macht zunächst eine Lehre zum Uhrmacher und besucht anschließend die Gewerbeschule in Stuttgart. 1870 kämpft er als Freiwilliger im Deutsch-Französischen Krieg …
F: Jetzt aber mal zu den spannenden Sachen. 1872 schickt ihn die Mutter in die USA.
M: Der Vater, Firmengründer Erhard Junghans, ist da bereits seit zwei Jahren tot. Die Söhne sollen in seine Fußstapfen treten …
F: … und dazu gehört, dass der junge Arthur die führenden Uhrenfabriken in den USA ausspioniert. Er reist inkognito, nimmt den Nachnamen seiner Verlobten an, er arbeitet als Schreiner, Schlosser und sogar als Putzhilfe. Mithilfe seiner Körpermaße vermisst er heimlich die Maschinen, zeichnet sie nach und nimmt das so gewonnene Knowhow mit nach Hause – nach Schramberg.
M: Dort entsteht eine moderne Massenproduktion nach amerikanischem Vorbild. Die Schlagworte heißen …
F: Massenproduktion, Fließband, Arbeitsteilung. Die Firma Junghans steigt zur größten Uhrenfabrik der Welt auf.
M: Die Fachwelt ist zunächst allerdings wenig begeistert von den Uhren „made in Schramberg“. Bemängelt wird vor allem die einfache Konstruktion. Am Ende setzt sich jedoch das Preis-Leistungs-Verhältnis durch – und das ist um die Jahrhundertwende unschlagbar.
F: Überhaupt brauchen die Menschen damals erschwingliche Uhren! Wir befinden uns mitten in der Industrialisierung. Fabriken schießen wie Pilze aus dem Boden, die Arbeiter schuften bis zu zwölf Stunden am Tag. Die Fabrikordnungen sind streng – und wer nicht pünktlich zur Schicht kommt, dem droht Lohnabzug. Um 1900 machen Wecker rund 70 Prozent der gesamten Uhrenproduktion bei Junghans aus. Berühmt ist vor allem das Weckerwerk 10.
M: Es zeichnet sich durch seine durchbrochenen Platinen aus, durch die gestanzten Räder, offenen Triebfedern sowie seine robuste Unruh. Sie sehen hier einige Exemplare in unserer Vitrine. 50 Jahre lang war das Weckerwerk 10 ein echter Kassenschlager. Am Ende der 1920er-Jahre werden bei Junghans 20.000 Stück produziert – und zwar täglich.
F: Am 30. Januar 1920 stirbt Arthur Junghans überraschend im Alter von 67 Jahren. Das Schwarzwälder Tagblatt schreibt in seinem Nachruf.
M: „Ein Palmzweig auf die Bahre des großen Meisters.“
Fotos: © Stadtmuseum Schramberg