Station: [3] August Bechter – „Klein-Venedig“
Hallo, Frau Müller, na, heute auch Waschtag? Was sagen Sie …? Ich hör Sie so schlecht. Die Nahe, sie führt so viel Wasser und plätschert so laut. Man versteht ja kaum sein eigenes Wort.
Was, warum die Kirchenglocken läuten?
Na, haben Sie das nicht mitbekommen? Die Jenny heiratet doch. Welche Jenny? Na, die Jenny von Westphalen. Ihr Vater war preußischer Regierungsrat, ist letztes Jahr, 1842, gestorben. Deshalb ist sie mit der Mutter von Salzwedel nach Kreuznach gezogen. Das hat mir die Frau Schmitz vom Fischhändler erzählt.
Wen die heiratet?
Na … ähm ... den Marx. Karl Marx. Den kennen Sie bestimmt. Der arbeitet als Journalist. Hat ganz verrückte Ideen, mehr Rechte für die Arbeiter, Kapital gerecht verteilen und so.
Ja, den heiratet die. Die beiden kennen sich schon ewig, die Väter waren ja miteinander befreundet. Jaja, wo die Liebe hinfällt, Sie sagen es! Wobei, verlobt sind die beiden schon länger. Seit 1836, also seit mittlerweile sieben Jahren! Aber das wusste ja kaum jemand. Ganz heimlich war das.
Was meinen Sie?
Jaja, auf dem Standesamt im Stadthaus waren sie schon. Da soll die Braut ein herrliches grünes Kleid getragen haben mit rosafarbenem Bouquet. Und jetzt ist gleich kirchliche Trauung, drüben in der Pauluskirche. Übrigens, wussten Sie das, Frau Müller? Das ist der größte Kirchenraum zwischen Mainz und Trier.
Ach, schauen Sie mal, da kommt ja mein Mann angerudert. Na, hoffentlich hat er einen guten Fang gemacht! Es ist ein Elend, sag ich Ihnen, die Nahe hat momentan so wenig Fische wie schon lange nicht mehr. Ich weiß gar nicht, wie wir auf Dauer die Miete bezahlen sollen. Aber, wem erzähl ich das …?!
Alle Abbildungen : © Schloßparkmuseum Kreuznach