Station: [14] Amalie von Anhalt-Dessau (1720–1793)
Meine liebe Schwester,
ich möchte es nicht versäumen, meine Bitte zu wiederholen, die ich Euch so oft schon habe zukommen lassen. Meine Briefe enthielten alles, um Euch zu erweichen und mir Verzeihung zu gewähren. Wie sehr wünsche ich mir, in den Schoß meiner Familie zurückkehren zu können, zurück an den Hof in Dessau. Allein Ihr selbst wart es, die mich in der Welt hat umherirren lassen. Nur Ihr allein scheint unversöhnlich, wollt meinen Fehltritt nicht verzeihen.
Dennoch möchte ich Euch berichten, wie es mir in den vergangenen Jahren ergangen ist: Meinem Sohn Heinrich geht es gut, er wächst in einer angesehenen Familie in Frankfurt auf und macht sich prächtig. Ich selbst verbrachte mehrere Jahre im freiweltlichen Frauenstift in Herford. Ich führte zwar das Leben einer Stiftsdame, doch war ich nie an eine Residenzpflicht gebunden. Es zog mich daher in die Nähe von Frankfurt, wo ich mittlerweile über eine angemessene Residenz verfüge. Dem Frauenstift bin ich aber nach wie vor sehr verbunden.
Unser lieber Vater – Fürst Leopold I. von Anhalt-Dessau – versucht immer noch, mich standesgemäß zu verheiraten. Aber ich bleibe dabei: Liebe ist nun mal an keinen Stand gebunden. Überhaupt komme ich gut ohne Ehemann zurecht. Es mag verwegen klingen, aber ich bin sehr wohl in der Lage, ein selbstständiges Leben zu führen.
Ich habe natürlich meine Apanage. Aber ich habe auch gelernt, umsichtig und sparsam zu wirtschaften, und man sagt mir finanziellen Weitblick und eine penible Buchführung nach. Ich habe Land gekauft, das ich selbst verwalte.
Ihr mögt mich für verrückt halten, aber ich sammle nicht nur Kunst, Münzen und Juwelen oder besondere Mineralien. Ich gebe mich mit Begeisterung der Landwirtschaft hin. Das vornehme Nichtstun ist nichts für mich. Ich lasse Apfelwein keltern, baue Spargel an und in meinen Gewächshäusern Orangen, ich betreibe Rinderzucht und Maulbeerplantagen für meine Seidenraupenzucht.
Auch Wein lasse ich mittlerweile anbauen. In Kreuznach habe ich viel über den Weinbau gelernt. Vor einiger Zeit habe ich dort unter anderem das Rittergut Bangert von einem Herrn von Hardung erworben. Vor allem zur Zeit der Weinlese ist es herrlich dort. Das frühere Herrenhaus habe ich umbauen lassen in ein schmuckes modernes, klassizistisches Schlösschen. Wäre es nicht herrlich, Ihr kämt mich eines Tages dort besuchen? Gerade zur Zeit der Weinlese ist es in Kreuznach herrlich.
Eure euch liebende Schwester
Amalie
Alle Abbildungen : © Schloßparkmuseum Kreuznach