Station: [5] Christo und Jeanne Claude
Ein schweres Tuch, mit festem Seil gut verschnürt, bedeckt die Ladung eines vollgepackten Förderwagens auf Schienen. Der Stoff ist sorgfältig drapiert und umhüllt den gesamten Wagen. Das lange Seil wurde kunstvoll um das gesamte Paket verknotet. Diese Verhüllung des Objekts zeigt deutlich: Wagen und Ladung sind kostbar. Hier wird etwas behütet und bewahrt. Die schützende und zugleich verbergende Hülle weckt das Interesse des Betrachters.
Package on a Hunt, Paket auf einem Förderwagen, im Bergbau auch Hunt genannt, heißt diese Arbeit des Künstlerpaars Christo und Jeanne Claude. Die beiden sind für ihre spektakulären Verhüllungen im öffentlichen Raum berühmt. Christo und Jeanne-Claude haben große Bauwerke, wie den Berliner Reichstag oder die Pariser Pont Neuf in glänzenden Stoff gehüllt und ganze Landschaften und Gewässer durch gewaltige Stoffbahnen verändert und neu gestaltet.
Ihre Verhüllungen sind ästhetische Eingriffe, sie verwandeln Landschaften und Räume auf Zeit. Dadurch lenken sie den Blick auf das Alltägliche und machen sichtbar, was eigentlich bereits vorhanden ist. Das gilt für die Ästhetik der Dinge genauso wie für ihre soziale und historische Bedeutung.
Als Christo 1987 mit dem Kaiserring geehrt wurde, gab es auch Überlegungen für ein eigenes Kunstprojekt in Goslar. Der Künstler besichtigte damals die Altstadt und das Bergwerk Rammelsberg:
Ich erinnere mich, als ich unter der Erde das Bergwerk besucht habe. Das war sehr beeindruckend, daran erinnere ich mich sehr gut. Es war das letzte Erz der Silbermine, die seit ungefähr 1100 (elfhundert) in Betrieb war.
Originalton Christo
I remember visiting down in the ground, in the mine that was very impressive, I very much remember, this was the last ore of the silver mine who was operating since 1100, something like that.
Ende der 1980er steht der Bergbau in Goslar nach einer über 1000 jährigen Tradition vor dem Aus. Die Erzvorräte sind erschöpft. Die letzen Kumpel müssen die Mine verlassen. Die Stadt Goslar steht vor einem großen sozialen und wirtschaftlichen Umbruch.
Es entsteht die Idee des Künstlerpaars, das letzte Erz, das die Silbermine im Förderwagen verlässt, zusammen mit dem Wagen zu verhüllen.
Die Verhüllung ist eine Ehrung, sie bewahrt die Erinnerung einer über tausendjährigen Geschichte für die Gegenwart und für die Zukunft.
Foto 1: © Dr. Bettina Ruhrberg, 2018
Foto 2: © Inge Langner
Foto 3: © Mönchehaus Museum Goslar