Station: [3] Gerätebau Lehrwerkstatt
In diesem Backsteinbau war zu DDR-Zeiten die Lehrwerkstatt untergebracht. Bis zu 700 Lehrlinge hat der volkseigene Betrieb hier jährlich ausgebildet.
Die Rheinmetall-Borsig AG Sömmerda hat das Gebäude von 1936 bis 1938 für die Herstellung von Elektrogeräten gebaut: Im Zweiten Weltkrieg entstand hier ein wichtiger Produktionsort für die Rüstungsindustrie. Während des Krieges war in dem Gebäude die Zünderfertigung, unter anderem für Artilleriegranaten angesiedelt. Auch die Steuergeräte der V1 und V2, den angeblichen Wunderwaffen der Nationalsozialisten, wurden hier hergestellt. Die Steuergeräte sollten die großen Marschflugkörper in der Flugbahn halten und ins Ziel steuern.
Während des Zweiten Weltkriegs wuchs das Rheinmetall Werk Sömmerda zum größten Rüstungsbetrieb Thüringens heran, mit bis zu 18.000 Beschäftigten. Aber schon bald fehlten im Krieg die Arbeitskräfte.
Um die Waffenproduktion aufrecht zu halten setze die Werksleitung vor allem ausländische Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene als Arbeitskräfte ein. Für die Menschen wurden Barackenlager errichtet, in denen man sie unter menschenunwürdigen Bedingungen unterbrachte.
Von den 1944 rund 18.000 Beschäftigten war jede dritte Person im Werk als Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterin verpflichtet. Darunter auch etwa 1.300 vorwiegend ungarische Jüdinnen, die hier in der Zünderfertigung und bei der Befüllung von Zündern mit Explosivstoffen arbeiten mussten. Von ihrem Schicksal erzählen wir in der Audiostation fünf, beim Laborierwerk.
Das Werk der Rheinmetall-Borsig AG in Sömmerda hat den Zweiten Weltkrieg ohne Angriffe überstanden. Direkt nach Kriegsende haben zunächst die Amerikaner, dann die Sowjetunion wichtige Pläne und Konstruktionsunterlagen beschlagnahmt sowie Maschinen, Rohstoffe und Rüstungsanlagen demontiert und als Reparation verschickt. Zudem wurden etwa 40 Werksingenieure aus Sömmerda in einer Nacht- und Nebelaktion interniert und in die Sowjetunion zwangsumgesiedelt, um so von dem Wissen der deutschen Rüstungsexperten zu profitieren.
Alle Abbildungen: © Stadtarchiv Sömmerda
Informationen von Herrn Dr. Hans-Diether Dörfler, Sigmar Radestock