Station: [8] Lederspaltmaschine
Junge: Ok, die Maschine ist aber auch nicht mehr die Jüngste, hat die auch so' n Vermögen gekostet? Und was kann die überhaupt?
Francke: Leder kann die spalten, und zwar in der Waagerechten, und gekostet hat sie mich gar nichts, die gehörte nämlich der Produktionsgenossenschaft in die ich zu DDR-Zeiten eintreten musste, um meinen Beitrag für den Staat zu leisten. Das hat sich die Deutsche Demokratische Republik gut ausgedacht. Naja, war halt so ein typischer DDR-Kuhhandel, heute sagt man eher "Win-Win-Situation". Aber ok, mir war nur wichtig, dass das hier weiter die Gerberei Francke ist, so wie es schon immer war.
Junge: Ich versteh gar nichts.
Francke: Pass auf. Einen eigenen Betrieb zu führen, das ging in der DDR ja eigentlich gar nicht. VEB war das Motto, Volkseigener Betrieb, alles für das Volk oder den Staat. Aber an so kleinen Produktionen mit nur drei Mann, wie wir waren, hatte der Staat dann doch kein Interesse. Wir durften weiterwirtschaften wie gehabt. Aber ich musste in die Produktionsgenossenschaft eintreten und die haben mir die Maschine hier hingestellt und dann musste ich auf Bestellung der Genossenschaft Leder spalten. Da haben wir unsere Freiheit sozusagen mit gespaltenem Leder bezahlt.
Aber die Maschine ist trotzdem eine tolle Sache, ich zeig sie dir.
Francke: Rechts und links auf den Holzpodesten steht je ein Arbeiter und die führen das Leder hier unter der geriffelten Transportwalze durch. Hinter der Walze befinden sich
Spaltmesser, die das Leder waagerecht aufspalten, wie eine Salami. So ein Spaltmesser lehnt hier auch als Endlosschlaufe an der Wand. Das geht immer rum, und wird von zwei Schleifscheiben die ganze Zeit extrem scharf gehalten.
Junge: Und warum spaltet man das Leder wieder, wenn das dicke Crouponleder doch das Beste ist?
Francke. Na, weil man ja nicht nur Schuhsohlen braucht. Die Ledersitze im Auto, die sind zum Beispiel aus Spaltleder, oder früher die Schulranzen.
Junge: Ok, verstehe.
Francke: So, jetzt ist aber mal genug geredet. Jetzt komm mit zum Farbengang und nimmt die Schubkarre mit den entfleischten Blößen mit.
Junge: Und wo sollen die hin?
Francke: Rechts in den Grubenhof. Also raus aus der Wasserwerkstatt, an den schwarzen Wassertanks vorbei gleich hinter dem ersten Steg siehst du schon die drei Gruben mit den Holzgittern drüber.
Fotos: © Martina Bosse