Station: [7] Entfleischmaschine
Junge: Und was ist das hier für eine Wäschemangel?
Francke: Na die Wäsche möchte ich mal sehen, die da durchgemangelt wird, die kannst du danach wegwerfen. Das hier ist eine Entfleischmaschine. Die bearbeitet die Blößen nach dem Äschern.
Junge: Ich dachte, die werden jetzt endlich mal gegerbt.
Francke: Vorher muss noch die Unterhaut entfernt werden. Zum Gerben braucht man nur die Lederhaut. Aber das ganze tierische Fett, dass hängt da ja noch dran, und das muss vorher entfernt werden. 7.500 Mark hat die Maschine gekostet, als ich sie 1956 für die Gerberei gekauft habe. Das war damals eine Menge Geld. Die meisten haben damals im Jahr nicht so viel verdient. Aber sie funktioniert noch wie am ersten Tag. Die ist ihr Geld wert, pass auf, ich zeig es dir.
Francke: Auf die große Transportwalze lege ich jede Blöße einzeln auf und wenn ich die Fußkupplung bediene, dann füllt sich in der Maschine ein Gummischlauch mit Luft und drückt die Blöße mit der Fettschicht gegen den Stahlzylinder mit den V-förmigen Klingen. Der Zylinder, der dreht sich natürlich die ganze Zeit und die Klingen entfleischen dann die Häute, immer von Innen nach Außen. Ausbluten sagen wir in der Gebersprache dazu.
Junge: Die Fettschicht - und die schmiert dann hier so überall rum? So ne richtig fettige Angelegenheit also, das wäre mir wirklich zu eklig.
Francke: Was heißt hier eklig, das ist tierisch gewachsenes Eiweiß, das verkaufe ich weiter. Ein guter Rohstoff, den nutzt der Mensch jeden Tag, du auch.
Junge: Ich, wieso?
Francke: Na, woraus besteht denn die Gelatine in den Gummibärchen oder in der Marmelade? Seife, Kosmetik, Leim, das Zeug klebt und ist fettig, das ist da überall drin.
Junge: Hm? Ne, ich glaube, so genau will ich das gar nicht wissen.
Francke: Zimperlich darfst du in der Gerberei nicht sein. Hier hat es früher gestunken, nach faulen Eiern, das sag ich dir. Und bevor wir die Maschine hatten, stand ich Tag für Tag mit meinen zwei Arbeitern am Scherbaum und habe mit dem Scherdegen per Hand entfleischt. Die Scherbäume siehst du noch am anderen Ende des Raums. Ein guter Arbeiter hat 8 bis 11 Blößen am Tag geschafft, mehr nicht. Und mit 50 hatte er Rheuma. So kalt und nass, wie es hier war.
Junge: Also ein Lob auf den Fortschritt und die Maschinen. Hinter dem Fass steht ja gleich noch so ein antikes Ding.
Francke: Antik? - die funktioniert einwandfrei, aber mit der war das so eine Sache, komm mit ich zeig sie dir.
Fotos: © Martina Bosse