Station: [6] Äschern
Francke: Na Junge, hat dir die Weida ihr schönes Liedchen vorgesungen? Von der guten alten Zeit. Ne, so gut war die nicht, oder willst du den ganzen Tag im Wasser stehen und Häute waschen?
Junge: Nee danke. Aber was ist jetzt mit den Häuten, wann wird denn nun endlich gegerbt?
Francke: Geduld, ohne Geduld läuft bei der Grubengerbung eh nichts. Und bis zum fertigen Leder musst du noch ganze 14 Monate warten. Also zurück zum Fass. Nachdem die Häute 24 Stunden im Fass geweicht und gewalkt wurden, kommt das Äschern. Und das geht dann auch in der Lohgerberei nicht ohne Chemie.
Hier, in der blauen Tonne ist Schwefelnatrium und in den Säcken Kalkpulver. Beides kommt zu den Häuten ins Fass, dann kommt wieder Wasser dazu, die Luke wird verschlossen, und wieder dreht sich das Fass, links und rechts herum, wieder für 24 Stunden.
Junge: Ok, ich verstehe, also wieder warten, aber wozu denn das Ganze.
Francke: Beim Äschern löst sich die Oberhaut samt der Behaarung von den Häuten, zurück bleibt nur die nackte Haut, die Blöße. Hier in den Gläsern, kannst du die gut sehen. Nackt und weiß und glitschig. Und die Haut quillt richtig schön auf, damit sie die Gerbstoffe gut aufnehmen kann. Ich sag dir, das ist eine Schufterei, die schweren aufgequollenen Häute aus dem Fass zu ziehen. Mit bloßen Handschuhen kriegst du die kaum zu fassen, darum haben wir hier die Äscherzange und die Greiflappen aus Jute. Sonst glitscht dir das Zeug weg, wie ein Stück Seife unter der Dusche.
Junge: Klingt lustig, da verpasse ich dann also das Beste?
Francke: Ne glaub mir, das Äscherfass zu leeren, das ist nichts für Frischlinge wie dich. Und auf deine Haut solltest du das Gemisch auch nicht bekommen, das hat schon seinen Grund warum wir so dicke Gummihandschuhe tragen.
Junge: Ja und warum heißt das nun äschern?
Francke: Weil man früher mal Holzasche dafür genommen hat. Aber nicht bei uns, wir äschern schon immer nach der gleichen Methode mit Kalk und Schwefelnatrium.
Fotos: © Martina Bosse