Station: [6] Taufe und Kindbett


F: Auch bei den kinderreichen Familien früherer Jahrhunderte waren Geburt, Taufe und Kindbett ganz besondere Momente, die mit zahlreichen Gepflogenheiten und Ritualen verbunden waren.

M: Die Taufe musste möglichst schnell stattfinden, denn niemand wusste, ob das Neugeborene die ersten Wochen überleben würde. Und schon der Weg zum Taufgottesdienst folgte ganz speziellen Regeln: Die ältere der beiden Patinnen trug das Kind in die Kirche, der ungetaufte Säugling war dabei mit einem leichten Tuch vollständig bedeckt – ein Schutz vor Kälte, Regen oder Hitze… und vielleicht auch vor den Blicken der bösen Geister, die das ungeschützte und ungetaufte Baby treffen könnten!

F: Erst nach vollzogener Taufe, auf dem Weg zurück nach Hause, durfte das Gesicht des Kindes sichtbar sein. Der Täufling wurde nun von der jüngeren der beiden Patinnen getragen.
Die Männer des Dorfes und Freunde des Vaters betätigten sich derweil als Gespensterjäger: Sie machten nach Leibeskräften Lärm, schlugen mit langen Latten gegen die Hauswände und sorgten so dafür, dass kein böser Geist es wagte, sich dem Säugling zu nähern. Noch heute werden nach den Taufgottesdiensten zu Ehren des Täuflings Böller abgeschossen.

M: Zum Dank für ihre Unterstützung wurden die lärmenden Männer anschließend ins Gasthaus eingeladen – eine Taufe endete also oft mit einem ordentlichen Zechgelage!

F: Wer die Mutter im Kindbett besuchen wollte, brachte stärkende Kost mit: ein Weißbrot, einen Sack Mehl oder ein Pfund Kaffee – Lebensmittel, die in einem speziellen Säcklein mitgebracht und überreicht wurden, und die der Wöchnerin schnell wieder auf die Beine helfen sollten.

M: Wuchsen die Kinder dann heran, bekamen sie zwischen Weihnachten und Neujahr von ihren Paten und Patinnen die so genannten Neujahrsbrezeln geschenkt: mächtige Brezeln, an denen oft die ganze Familie knabbern durfte, wenn man in den Rauhnächten gemütlich beisammen saß.

 

 

Fotos: © Heimatmuseum Neuried