Station: [17] Installation Zerstörung und Wiederaufbau, Lange Gasse 16
M: Friede, Gemeinschaft, Gerechtigkeit. Wer möchte sich nicht auf solch eine einladende Bank setzen. Bitte schön, nehmen Sie Platz!
F: Wie Sie merken, ist es unbequem. Ihr Rücken reibt sich an den Buchstaben. Doch warum ist die Bank bloß so unbequem gestaltet?
M: Um eine Antwort zu finden, erzählen wir Ihnen die Geschichte hinter der Installation „Zerstörung und Wiederaufbau“, die Teil des Tachelespfads ist. Es ist eine Geschichte, die das Gestern mit dem Heute verbindet. Es ist eine Geschichte von Flucht und Ankommen. Es ist eine Geschichte in Zahlen.
F: Deutschland hat immer schon Menschen aufgenommen, die vor Krieg oder Armut geflohen sind. Deutschland hat aber auch Menschen aus anderen Ländern eingeladen, als das Land Arbeitskräfte brauchte.
M: Zwischen 1670 und 1720 flohen 40- bis 50.000 Hugenotten aus Frankreich nach Deutschland. Es waren Glaubensflüchtlinge.
F: Ab 1870 kamen Hundertausende polnische Arbeiter, von denen viele blieben.
M: Ende des Zweiten Weltkriegs mussten 14 Millionen Deutsche die Ostgebiete verlassen. 1959 machten die Vertriebenen und Zugewanderten rund 25 Prozent der Bevölkerung aus.
F: In Zeiten des Wirtschaftswunders warb die Bundesrepublik insgesamt 2,6 Millionen sogenannte Gastarbeiter an, von denen viele blieben, auch hier in Niederstetten.
M: Zwischen 1991 und 1999 kamen über 500.000 Menschen ins Land, die vor dem Krieg auf dem Balkan geflohen sind.
F: Im Jahr 2015 baten rund 890.000 Geflüchtete vorwiegend aus Syrien in Deutschland um Asyl.
M: Immer noch bitten Schutzsuchende um Aufnahme. Oft vergeblich.
F: An diese Situation soll diese unbequeme Bank erinnern. Denn es ist nicht immer einfach, die Ideale Friede, Gemeinschaft und Gerechtigkeit auch umzusetzen.
M: Die Station erinnert aber auch an die zerstörende Kraft des Krieges. Wie Sie sehen …
F: … liegen in einem Bodentank hinter Glas einige Bombensplitter. Sie sind Überreste einer zerstörerischen Bombe, die am 9. April 1945 bei dem Fliegerangriff der Amerikaner auf Niederstetten abgeworfen wurde.
M: Im 15. Jahrhundert schützte sich die Stadt vor den Schrecken des Krieges mit einer Stadtmauer. Einige der Wehrtürme haben Sie schon gesehen – aber noch nicht den Schimmelturm in der Schimmelturmgasse 6.
Fotos: © Trüpschuch