Station: [11] Synagoge, Mittelgasse 4


M: Eine kleine Gedenktafel am Haus erinnert daran, dass hier ab 1824 die Synagoge der ehemaligen jüdischen Gemeinde Niederstettens stand. Das kleine Modell „Das jüdische Gotteshaus“ gehört zum  Tachelespfad und macht den Ort, an dem die Jüdinnen und Juden zusammenkamen, um zu beten, zu lernen und zu feiern, wieder lebendig. Es ist ein interaktives Modell, das Ihnen den inneren Aufbau der Synagoge zeigt. Probieren Sie es mal aus.

F: Die erste Erwähnung von Jüdinnen und Juden in Niederstetten geht auf das Jahr 1298 zurück. Der Anlass war freilich ein entsetzlicher: Sie wurden Opfer eines Pogroms, wie es in dieser Zeit an vielen Orten Süddeutschlands stattfand. Anführer der marodierenden Mörderbanden war der Scharfrichter „Rintfleisch“. Die sogenannte Rintfleisch-Verfolgung mit Tausenden von Toten zählt zu den ersten flächendeckenden Judenpogromen seit dem Ersten Kreuzzug Ende des 11. Jahrhunderts.

M: Erst gegen Ende des 30-jährigen Kriegs, im Jahr 1647, wird wieder eine jüdische Gemeinde in Niederstetten erwähnt. In diesem Jahr überreicht ihr der Ortsherr einen Schutzbrief.

F: Weitere hundert Jahre später, 1737, erhielten die jüdischen Bürgerinnen und Bürgern die Erlaubnis, einen eigenen jüdischen Friedhof zu nutzen. Dieser befindet sich noch heute ein Stück weit außerhalb des Ortes und ist ein Kulturdenkmal.

M: Kurz darauf, 1744, wurde die erste Synagoge hier an diesem Ort erbaut. Im 19. Jahrhundert wurde Niederstetten dank seiner jüdischen Geschäftsleute ein wichtiger Standort des Pelz-, Wein, Textil- und Viehhandels.

F: Dementsprechend erfolgte 1824 der Bau einer neuen, größeren Synagoge, die rund 120 Jahre später, am 9. April 1945 beim Bombenangriff auf Niederstetten zerstört wurde.

M: 1925 hatte die jüdische Gemeinde 112 Mitglieder, acht Jahre später, 1933, lebten noch 96 Jüdinnen und Juden in Niederstetten. Bis 1940 emigrierten 40 von ihnen in die USA. Im November 1941 begannen die Deportationen, die letzten Jüdinnen und Juden wurden im August 1942 abtransportiert. Von heute auf morgen war die seit Jahrhunderten bestehende jüdische Gemeinde in Niederstetten ausgelöscht …

F: … nicht jedoch aus unserer Erinnerung.

M: Nun begeben Sie sich auf eine Zeitreise zurück bis ins 16. Jahrhundert. Sie beginnt in der Erbsengasse 1.

Fotos: © Trüpschuch