Station: [9] Die Klosteranlage – Bau und Funktion


Die Anfänge des Klosters reichen bis ins Jahr 1287 zurück. Heiligengrabe entstand als Tochtergründung des Zisterzienserinnenklosters Neuendorf in der Altmark. Von dort, gut 100 km süd-westlich von hier, sollen auch die ersten Nonnen nach Heiligengrabe gekommen sein. Vermutlich hatten die brandenburgischen Markgrafen das so bestimmt, denn ihnen war an einer Festigung ihres neu erschlossenen Herrschaftsraumes in der Prignitz gelegen

In den folgenden Jahrzehnten entstanden zunächst einige Gebäude der Abtei und die Kirche an deren südlicher Flanke. In spätgotischer Zeit wurde der Kreuzgang mit einem Rippengewölbe ausgestattet und der Kapitelsaal vom Osten in den Westflügel der Abtei verlegt.

Mit dem umschlossenen Hof, dem Kreuzgang und den anliegenden Gebäuden waren am Ende des Mittelalters also die wichtigsten Bestandteile einer Klosteranlage vorhanden. Trotzdem ging die Bautätigkeit weiter. Im frühen 16. Jahrhundert trat vor allem die Äbtissin Anna von Rohr als Bauherrin in Erscheinung. Sie ließ beispielsweise die heutige Heiliggrabkapelle errichten.

1548 mussten die Nonnen gegen ihren Willen die Konfession wechseln: Heiligengrabe wurde evangelisch. Vorangegangen waren erbitterte Machtkämpfe zwischen den Nonnen und der mit ihnen verbündeten Ritterschaft auf der einen Seite, dem brandenburgischen Kurfürsten und dem designierten Klosterhauptmann auf der anderen Seite.

Der Dreißigjährige Krieg zog das Kloster schwer in Mitleidenschaft und erst im 18. Jahrhundert brachen wieder bessere Zeiten an.

Der preußische König Friedrich II., genannt der Große, erhob es in den Stand eines Damenstifts und verlieh den Konventualinnen den Orden „Par grace“.

Mitte des 19. Jahrhunderts veranlasst Friedrich Wilhelm der Vierte dann zahlreiche Umbauten, für die sein Baumeister Friedrich August Stüler verantwortlich zeichnet. Ab 1847 wird in Heiligengrabe eine Schule eingerichtet, die – so die Idee der damaligen Äbtissin - vor allem verarmten adeligen Mädchen, deren Väter und Großväter in den Befreiungskriegen gefallen waren, eine standesgemäße Ausbildung ermöglichen sollte. Die Erziehung war klösterlich-streng, wenngleich die Briefe und Tagebücher der Mädchen auch von Ausgelassenheit und Streichen berichten.

Anfang des 20. Jahrhunderts lässt Kaiser Wilhelm II. die Kapelle auf das prächtigste dekorieren und verleiht dem Stift einen edelsteinbesetzten Äbtissinnenstab. Heiligengrabe ist außerdem zu einem wichtigen Museumsstandort geworden: Das 1909 gegründete Heimatmuseum im Südflügel der Abtei genießt überregionale Anerkennung. 

Am Ende des Zweiten Weltkriegs, mit dem Einmarsch der Roten Armee, erlischt das Klosterleben weitgehend. Schule und Museum werden aufgelöst. Die Äbtissin flieht und nur einige wenige Stiftsdamen bleiben zurück. Doch dafür lassen sich die Diakonissen der Stiftung „Friedenshort“ mit ihren Waisenkindern in Heiligengrabe nieder und betreiben hier mehrere karitative und geistliche Einrichtungen. Erneut schallen fröhliche Kinderstimmen über das Gelände.

Nach der politischen Wende setzt schließlich eine rege Bau- und Sanierungstätigkeit ein, die die alten Klosterbauten innerhalb weniger Jahrzehnte wieder in altem Glanz erstrahlen lässt.

Abbildung 1 © Lorenz Kienzle
Abbildung 2 © Klosterstift zum Heiligengrabe