Station: [27] Vernehmerzimmer


M: Sie sehen hier ein sogenanntes Vernehmerzimmer der Stasi. In diesem Raum ging es nicht um Schuld oder Unschuld. Wer von
der Stasi verhaftet wurde, galt von vornherein als schuldig. Bei den Verhören ging es daher also nicht um eine unvoreingenommene Untersuchung eines bestimmten „Straftatbestands“. Was die Vernehmer wollten, waren belastende Informationen – und ein Schuldeingeständnis.

F: Die Methoden der psychologischen Zersetzung fanden auch in den Verhören Anwendung. Man versuchte, die Gefangenen zu verunsichern und Ängste zu schüren. Zum Beispiel durch Lügen über einen vermeintlichen Verrat im Freundeskreis, Erpressungen
oder fingierte Telefongespräche, in denen von vermeintlichen Unfällen von Familienmitgliedern die Rede war.

M: Die Häftlinge mussten mitunter stundenlang auf einem ihnen zugewiesenen Platz verharren, auf einem festgeschraubten Stuhl,
die Hände fest unter die Oberschenkel geklemmt. Die Verhöre fanden oft über mehrere Monate statt, Tag und Nacht, völlig willkürlich.

F: Die Verhöre wurden in der Regel immer von demselben Stasi-Offizier geleitet. Über die Monate hinweg entwickelte sich so oft ein besonders, wenn auch perfides Verhältnis. Der Vernehmer war die einzige Kontaktperson, die zentrale Figur, die die Häftlinge über Monate hinweg zu Gesicht bekamen.

M: Der Vernehmer war mal der väterliche Freund, ein anderes Mal drohte er leise mit der Inhaftierung der Eltern oder Geschwister. Mal erzählte er persönliche Dinge aus seinem eigenen Leben, ein anderes Mal zeigte er sich vorwurfsvoll. Es ging ihm dabei einzig und allein um Informationsabschöpfung.

Foto: © DDR-Museum Pforzheim