Station: [055] Hildebrandt Gregor (*1974), Ein Lied von Wiederkehr, 2011


Der im Saarland aufgewachsene Künstler Gregor Hildebrandt zählt zu den international erfolgreichsten deutschen Künstlern seiner Generation. Für seine Installationen, Skulpturen und Bilder verwendet er als Material Kassettentonbänder, Videobänder oder Schallplatten. Ausgangspunkt seiner Werke sind immer Lieder oder literarische Texte. Diese nimmt er zunächst selbst auf Kassettentonband auf Damit fügt er den Werken, die anschließend daraus entstehen, eine metaphorische Bedeutung hinzu. Wie bei vielen seiner Arbeiten gibt auch hier der Titel des Bildes einen Hinweis, welche Musik auf die Tonbänder gespielt wurde, bevor der Künstler sie weiterverarbeitet hat: „Weit draußen auf dem blauen Meer erklingt ein Lied von Wiederkehr, ein Lied vom Leben. Matrosen singen es zur Stund, da sie den Freund dem Meeresgrund tot übergeben.“ Mit diesen Versen beginnt das Lied „Die großen weißen Vögel“ der Schauspielerin und Sängerin Ingrid Caven, die aus Saarbrücken stammte. Aus der Entfernung wirkt Hildebrandts Werk zunächst wie ein dunkles monochromes Gemälde. Erst aus der Nähe erkennt der Betrachter, dass die glänzende Oberfläche der dreiteiligen Arbeit aus Kassettentonbändern besteht, die der Künstler Streifen für Streifen aufgeklebt hat. Fällt Licht auf das Bild, schimmert es in verschiedenen Farbtönen von Grau über Braun bis Schwarz, je nachdem, welche unterschiedlichen Tonbandtypen verwendet wurden. Durchbrochen wird die dunkle Fläche von weißen Punkten und kurzen hellen Linien. Diese markieren das Ende des jeweiligen Liedes oder das Endstück des Tonbandes. Sie wecken Assoziationen an eine dunkle Meeresoberfläche, an Lichtreflexionen im Wasser wie auch an die weißen Vögel, welche Caven besingt. Die auf etlichen Metern Tonband festgehaltene Musik kann nicht mehr abgespielt werden, ist aber zentraler Bestandteil des Kunstwerkes und bleibt so präsent. Der Rückgriff auf Tonbänder, die durch den technischen Fortschritt längst aus dem Alltag verdrängt wurden, scheint dabei ebenso aus der Zeit gefallen und zeitlos zu sein wie das Chanson Ingrid Cavens aus dem Jahr 1979.