Station: [045] Norbert Kricke (1922 – 1984), Raumplastik Stuttgart, 1955


Zu den charakteristischen Eigenschaften der Kunst des Informel zählt die Formlosigkeit. Doch wie konnte ein Künstler dieses Konzept auf eine Skulptur übertragen, die durch ihr Volumen und das plastische Gestalten immer „fest geformt“ ist? Norbert Kricke ging bei seiner „Raumplastik Stuttgart“ neue Wege, indem er das körperliche Volumen auf drei Metallstäbe mit einem Durchmesser von etwa 1 cm reduzierte. Zwei weiße und ein orangeroter Stab sind kurvig gebogen und ruhen am untersten Punkt ihrer Krümmung auf einem gemeinsamen Auflieger. Die beiden weißen Stäbe wirken immateriell. Ihr Formverlauf ist eng verwandt, während der rote Stab davon abweicht. Alle drei umkreisen eine leere Mitte. Die Enden ragen frei in den Raum hinein. Die Plastik wirkt im Ganzen offen, filigran, leicht, ja schwerelos. Ihre Dreidimensionalität beruht nicht auf herkömmlichen abgegrenzten Volumina, sondern wird von Richtungslinien und Bewegungen bestimmt, denen das Auge folgt. Je nach Standpunkt des Betrachters ist auch die Gesamtkomposition in Bewegung. Aus jeder Perspektive wird im Linienknäuel Energie sichtbar, die über die Enden der Stäbe hinaus in den Raum hinein zirkuliert.