Station: [020] Ernst Ludwig Kirchner (1880 – 1938), Badende im Raum, 1909/nach 1926


Das Gemälde „Badende im Raum“ entstand zwischen 1909 und 1910 in Ernst Ludwig Kirchners winziger Atelierwohnung in der Dresdner Friedrichstadt. Es zeigt fünf Frauenakte in verschiedenen Körperhaltungen und Aktivitäten. Durch das beiläufige, ungezwungene Verhalten der Frauen wirkt ihre Darstellung wie eine zufällige Momentaufnahme. Das Bild spiegelt den höchst unkonventionellen Lebensstil der Brücke-Künstler wieder. Sie arbeiteten und lebten mit einem Kreis jugendlicher Modelle in einer Art Wohngemeinschaft zusammen. Kirchner hat dieses Gemälde wie zahlreiche, andere großformatige Leinwände seines frühen Werks im Schweizer Exil noch einmal überarbeitet und verändert. Die Farbgebung wurde stark abgewandelt. Eine männliche Gestalt am rechten Bildrand, die vormals Teil der Gruppe war, wurde fast gänzlich aus dem Bild entfernt. Nur das Haupt ist geblieben. Als vieldeutige Maske verbindet es sich mit den übrigen Dekorations- und Ausstattungsgegenständen der Wohnung, die zumeist in einem erotischen Kontext stehen. Durch die Tür blickt man in einen hinteren Raum. Dort hat Kirchner an der Wand über der Ruhenden eines seiner eigenen Gemälde wiedergegeben. Mit seinem Motiv stellt er die Verbindung zur Landschaft der Moritzburger Seen her, in der sich die Künstler der „Brücke“ gerne aufhielten. Die reduzierten, kantig-spitzen Formen der Komposition gehen auf die Ästhetik des Holzschnitts zurück, den die Brücke-Künstler vielfach einsetzten. Die starken Farben, die Ornamente des Vorhangs und der Türpfosten gehen auf die Auseinandersetzung mit der Kunst Afrikas und Polynesiens zurück. Sie geben die Sehnsucht nach einem einfachen, ursprünglichen Leben wieder, das die Brücke-Künstler in jenen Kulturkreisen vermuteten.