Station: [019] Max Pechstein (1881 – 1955), Liegender Akt (Nidden), 1911


Die ursprüngliche Einheit zwischen Mensch und Natur war das Ideal, nach dem die Mitglieder der Künstlergemeinschaft „Brücke“ suchten. Diesem intensiv empfundenen Lebensgefühl entsprachen eine neue, elementare Form der Malerei und eine Konzentration auf ausdrucksstarke Farben. Das Thema der Badenden war von besonderer Bedeutung für die Brücke-Künstler. An den Seen und Waldteichen rund um Dresden steigerten sie das Motiv zu einem Arkadien, das jenseits von Zeit und Raum lag. Der Künstler Max Pechstein fand den ersehnten Einklang von Leben und Kunst ab 1909 in Nidden, einem weltabgeschiedenen Ort auf der kurischen Nehrung vor der Küste Ostpreußens. Im Sommer 1911 entstand dort das Gemälde „Liegender Akt“. Es zeigt seine junge Ehefrau Charlotte Kaprolat. Der Künstler den weiblichen Körper in seinen üppigen Formen in Bezug zu den vitalen Urkräften der Umgebung – den sturmbewegten Wolken, den gewaltigen Wanderdünen und dem wogenden Meer. Mit seiner eigenartig exotischen Ausstrahlung knüpft das Bild an das Werk von Paul Gauguin an, das rund 20 Jahre zuvor in der Südsee entstand. Auch für Pechstein war die Südsee Inbegriff einer paradiesischen Ursprungslandschaft, ein Ort der authentischen Lebensentfaltung und kreativen Selbstüberschreitung. Im Dresdner Museum für Völkerkunde studierte der Maler Objekte aus der Südsee, insbesondere Balkenschnitzereien. Diese stammten von den Palau-Inseln, die Pechstein 1914 selbst bereiste. In den kantigen elementaren Formen der außereuropäischen Schnitzkunst hatte er eine Parallele zum Formwesen seines eigenen Schaffens gefunden.