Station: [011] August Macke (1887 – 1914), Sturm, 1911


Im zentralen Mittelgrund des Gemäldes von August Macke schiebt sich der vulkangleich glühende Boden - Achtung gebietend - als rotes Dreieck empor. Schon der Bildtitel, „STURM“, setzt auf Signalwirkung: Umlenkung der Bahnen, selbstsicheres Voranstürmen, Avantgarde. Rätselhaft ist jedoch das Changieren der dynamischen Bildwelt zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit. Ist es ein phantastisches Tierwesen, das von rechts in den Bildraum dringt? Zeigt das Gemälde eine Landschaft, einen Wald mit einem Bach, Berge, Steine und Pflanzen? Heißt das Bild „Sturm“, weil alle Farben und Formen in einen chaotischen Strudel geraten sind und der Betrachter es schwer hat, das Szenario wie gewohnt zu entschlüsseln? August Macke gehörte dem Künstlerkreis des „Blauen Reiters“ an. Ebenso wie seine Mitstreiter Franz Marc oder Wassily Kandinsky zielte er darauf, hergebrachte Konventionen der Wahrnehmung zu überwinden. Die Künstler des Blauen Reiter wollten der Kunst eine neue, missionarische Wirkkraft verleihen. Sie lösten sich von der Zentralperspektive ebenso wie vom naturalistischen Repräsentationsanspruch. Ihr Hauptanliegen war die Befreiung der Farbe. Mit expressiven Farbkontrasten gestalteten sie visionäre Entwürfe einer Welt, in der alle Kreaturen in Einklang mit den Kräften der Natur existieren. Macke schuf dieses Gemälde 1911 während eines Besuchs bei Franz Marc im bayrischen Sindelsdorf. Beide Künstler waren eng miteinander befreundet. Indem das Bild sich stilistisch an Werke von Franz Marc annähert, kann es gleichermaßen als Hommage an die Freundschaft wie als Ansage eines neuen Weges in der Malerei interpretiert werden.