Station: [5] Der Feuertrunk - Teil 1
Einst stand an der Straße zwischen Reichelsheim und Fränkisch-Crumbach ein Wirtshaus, in dem viele Reisende einkehrten, um ihren Hunger oder Durst zu stillen, oder auch, um dort zu übernachten. Der Wirt hatte eine freundliche Ehefrau, die für ihre guten Speisen bekannt war; und eine reizende Tochter namens Anna, die gern half, die Gäste zu bedienen. Dabei unterhielt sie sich oft mit ihnen, fragte, woher sie kamen und wohin sie wollten, und erzählte auch bereitwillig, was in der Gegend vor sich ging. Anna hatte einen kleinen struppigen Hund, den sie Florian getauft hatte, und der ihr nicht von der Seite wich.
Eines Tages kam ein sehr eleganter Gast und bat um ein Glas Wein und etwas zu essen. Er war höflich und freundlich, und Anna merkte gleich, dass er kein gewöhnlicher Mann war. Daher bediente sie ihn mit besonderer Aufmerksamkeit, und auch er zeigte sich sehr wohlwollend, streichelte Florian und gab ihr ein großzügiges Trinkgeld. Sie freute sich daher, als er nach einigen Tagen wiederkam, und sie wieder miteinander plaudern konnten. Bald wurde er zu einem häufigen, gern gesehenen Gast.
Eines Tages jedoch fühlte sie sich nicht wohl und bat ihre Eltern, früh schlafen gehen zu dürfen. Die Mutter gab ihr einen Löffel Medizin und ihr Hund Florian kuschelte sich im Bett an sie und hielt sie warm. So schlief sie ein. Nach einiger Zeit schaute sie sich um und fand sich in der Gaststube wieder. Zu ihrer Freude saß dort auch der wohlgekleidete Gast. Dieses Mal erzählte er ihr von einer Burg, auf der er wohnte und von seiner Familie. Anna wollte nun immer mehr über ihn und diese Burg erfahren. Da schlug er ihr vor, sie mitzunehmen und ihr alles zu zeigen. Das Angebot nahm sie freudig an.
Text: Claus Fittschen, © Rodensteinmuseum
Illustration: © Christian Peukert, Reinheim, mit freundlicher Erlaubnis