Station: [16] Die Sage vom Wilden Heer


Die Sage vom Wilden Heer

Berichte über Erscheinungen eines „Wilden“ oder „Wütenden Heers“ sind ein weltweites Phänomen und in vielen Landschaften und bei zahlreichen Völkern verbreitet. Die Wurzeln der entsprechenden Sagen werden im Totenbrauchtum und in der Ahnenverehrung vermutet.

So ist im Odenwald der Schnellertsberg bei Ober-Kainsbach die Stätte, an der nach alter Glaubensvorstellung die Seelen all der Verstorbenen wohnen, die keine Ruhe finden können. Dies sind Personen, die z.B. eines unnatürlichen Todes gestorben oder verflucht worden sind, Verbrecher oder auch ungetaufte Kinder. Der Dichter Werner Bergengruen bezeichnet sie als „Unerlöste“ und „Unbeendete“.

Insbesondere in den Rauhnächten, den heiligen zwölf Nächten zwischen Weihnachten und dem 6. Januar, schwärmen sie über das Land. Im Odenwald war ihr Anführer der Schnellertsherr oder der Rodensteiner. Man hörte lautes Lärmen und Geräusche wie Hundegebell, Pferdewiehern, Räderrollen, Peitschenknallen und Hussa-Rufe – und ein starker Wind kam auf. In den Reichenberger Protokollen, zwischen 1742 und 1796 verfasst, wurden entsprechende Zeugenberichte über diese Wahrnehmungen aufgeschrieben. 

In der Rodensteinsage zieht der Geisterzug vom Schnellerts zum Rodenstein, wenn ein Krieg bevorsteht. In Friedenszeiten befindet er sich im Schnellerts. Darüber wird auf der Tafel „Die Rodensteinsage“ berichtet.

 

Text: Karl-Heinz Mittenhuber, © Rodensteinmuseum
1) Wildes Heer reitet von Burg Schnellerts zum Rodenstein“ Illustration:  © Albert Völkl, Trendelburg, mit freundlicher Erlaubnis
2)  Postkarte von.1905, Sammlung ©  J. Göttmann, Fränkisch-Crumbach, mit freundlicher Erlaubnis