Station: [19] Holzleitung


Liebes Tagebuch, wie heißt es doch so schön? Ende gut – alles gut. Meine Luzie und ich haben nun unser neues Zuhause bezogen. Es ist das ideale Heim für eine junge Mausefamilie und liegt gleich neben dem Gartenhaus und dem Erinnerungsstein: ein alter Baumstamm, in dessen Mitte ein schönes, geräumiges Loch gebohrt ist. Angeblich war das einmal eine Wasserleitung, die die Bewohner von Reichenbach mit frischem Wasser versorgt hat. Das kann sein. Aber irgendwann wurden die Wasserrohre aus Keramik hergestellt und heute sind sie aus Beton. Die alten Holzleitungen braucht man nicht mehr. Eigentlich schade, denn es steckt sehr viel Arbeit in so einer Holzleitung: Man braucht einen schönen, geraden Baumstamm und muss ihn ganz vorsichtig aushöhlen, mit einem Bohrer, der mindestens so lang wie der Holzstamm sein muss. Und alle paar Umdrehungen muss man die Späne aus dem Bohrloch herausholen. Und wenn man schief bohrt oder aus Versehen den Rand anbohrt, ist das Rohr undicht und alles war umsonst.

Die Rohrleitung, die wir in unserem Garten gefunden haben, ist allerdings sehr sorgfältig gearbeitet und ist der beste Ort, den eine junge Mausfamilie sich nur denken kann. Ja, du hast richtig gehört, liebes Tagebuch: Seit einigen Tagen sind Luzie und ich stolze Eltern einer ganzen Kinderschar. In unserem Nest mitten im Rohr liegen sechs kleine Mausekinder und in einigen Wochen werden sie ihre ersten Schritte machen. Ich werde Ihnen den Garten und das Ackerbürgerhaus zeigen. Sie werden den Adler und den Teddybären, den Glasdrücker und das Insektenorchester kennenlernen und ich bin sicher – sie werden zu echten und würdigen Museumsmäusen heranwachsen!

Fotos: © Schlesisch-Oberlausitzer Museumsverbund gGmbH