Station: [7] Abort


Hier ist besetzt! Herrgott nochmal, kann man denn nicht mal in Ruhe… na, du weißt schon! Nicht mal in Ruhe…

Miau!

Mensch Katerchen, du kannst mich doch nicht so… Du kannst doch nicht einfach…

Miau?

Ja, die Menschen mögen es gar nicht, auf dem stillen Örtchen gestört zu werden. Das gehört sich nicht. Und erst recht nicht, wenn man… na, wenn man…

Miau?

Na, dir kann ich es ja erzählen. Du hältst ja dicht und plauderst nichts aus.

Also, ich bin doch der Einzige, der diesen Abort hier noch benutzt. Und ich habe hier…weil doch sonst niemand hierher kommt… habe ich hier ein paar Sachen versteckt. Meine Bibel zum Beispiel. Muss ja nicht jeder wissen, was ich so lese, wenn ich meine düsteren Stunden habe… geht keinen was an.

Und dich eigentlich auch nicht, Katerchen. Na ja, seit der Oskar nicht aus dem großen Krieg nach Hause gekommen ist, traue ich den Menschen nicht mehr über den Weg. Jahre und Jahre habe ich nach ihm gesucht und keiner konnte mir helfen oder meinen Jungen wiederbringen. Und der Erwin, der ist ganz meschugge aus dem Krieg zurückgekommen. Und dann ist auch noch meine Anna gestorben. Und jetzt, unter den neuen Machthabern… wenn das bloß gut geht mit denen und dem Richard. Der weigert sich doch, eine Uniform anzuziehen und eine Waffe in die Hand zu nehmen… Und jetzt, wo die Zeichen wieder auf Krieg stehen… das wird nicht gut enden, Katerchen, das wird nicht gut enden.

Miau!

Ja, bist ein gutes Tier. Scheinst mich zu verstehen. Aber jetzt genug geredet! Lass mich noch schnell… die Bibel so… sicher verstaut. Die findet keiner. Und hier sucht ja auch keiner. Aber jetzt: Tür zu! Und lass uns diesen stinkenden, traurigen Ort verlassen. Komm mit, wir gehen ins Haus!

Fotos: © Schlesisch-Oberlausitzer Museumsverbund gGmbH