Station: [5] Mädchenkammer
Magd Luise: So, das ist also mein neues Zuhause. Eigentlich ganz nett hier. Klar, das Bett muss ich mir mit der Tochter des Hofes teilen, aber das bin ich ja schon gewohnt. Hauptsache die schnarcht nicht so wie die Lotte bei Oberschulte. Jede Nacht dasselbe, einfach nur fürchterlich war das, kaum ein Auge habe ich zugetan.
Aber es hat ja auch sein Gutes, sich ein Bett zu teilen. Da ist es unter der Decke wenigstens kuschelig warm. Und ungebetene Gäste schreckt es auch ab …
So, jetzt will ich aber erst einmal meine Sache auspacken.
Hier sind meine Schürzen, die Strümpfe und die Arbeitsschuhe. Dann noch mein Sonntagskleid, die Erntehaube … Die Lohnlaken und mein Leinenvorrat sind auch da. Alles komplett.
Was bin ich froh, dass ich zu Martini, am 11. November, hier zu Colon Möllering auf den Hof konnte. Hier kann es eigentlich nur besser werden. Der frühere Bauer ist ein Säufer und brutal, er schlägt die Mägde genauso wie die Knechte – und der elende Geizhals zahlt den Lohn nicht wie versprochen. Erst die Leute schuften lassen und
dann den Lohn nicht herausrücken. Das wollte ich mir nicht länger gefallen lassen. Als ich mein Dienstzeugnis in der Tasche hatte, gab es nur noch eins: Nichts wie weg.
Den Franz werde ich allerdings schon ein bisschen vermissen. Selbst die dümmsten Bauern haben schöne Söhne. Einen Liebesbrief hat er mir sogar geschenkt, mit einem Herz aus rankenden Blumen und fliegenden Engelchen ... naja, ist zwar nur ein Kupferstich. Aber er ist mit bunten Farben ausgemalt und sieht fröhlich aus. Unterschrieben hat er ihn aber nicht, das hat er sich wahrscheinlich nicht getraut. Wäre ja auch nichts daraus geworden, bei einem solchen Schwiegervater!
Foto: Bielefelder BauernhausMuseum