Station: [10] Fruchtboden/Bühne
Altbäuerin Katharina: Ah, da ist ja das gute Stück. Schau mal Marie, das ist meine Brauthaube. Die habe ich bei meiner Hochzeit getragen.
Enkelin Marie: Oh wie schön das glänzt, wie Gold!
Altbäuerin Katharina: Wenn du groß bist und selbst heiratest, dann wirst du auch einmal so eine Haube tragen. Dann kommst du im wahrsten Sinne des Wortes „unter die Haube“.
Enkelin Marie: Ja, aber das dauert ja noch sehr lange. Oh, was ist denn das für eine schöne Kette da? Sag mal, Großmutter, sind das Edelsteine?
Altbäuerin Katharina: Nein, das sind doch keine Edelsteine! Sowas tragen nur Kaiser und Könige. Das hier ist nur Bernstein. Leg dir die Kette doch mal um. Aber gib` Acht, sie ist ganz schön schwer. Solche Bernsteinketten sind typisch für unsere Gegend, weißt du.
Enkelin Marie: Mh, aber sag mal, wo hast du die denn her? Etwa geklaut?
Altbäuerin Katharina: Nein! Meine Mutter hat sie mir geschenkt, damals zu meiner Hochzeit. Und wenn es bei dir einmal soweit ist, dann wird deine Mutter dir auch so eine Kette schenken. Mein Gott, es kommt mir vor, als wäre es gestern erst gewesen. Wie meine Eltern in der Stube saßen und mit Möllerings den Brautschatz verhandelten. Ein Gefeilsche war das! 70 Reichstaler mussten die Eltern zahlen, 30 sofort und 40 später.
Enkelin Marie: Oh, das ist ganz schön viel Geld oder?
Altbäuerin Katharina: Für meine Eltern war das auf jeden Fall viel Geld. Meine Geschwister mussten ja auch noch Geld mitbekommen. Aber auf anderen, größeren Höfen da wird noch viel mehr Geld bezahlt. Aber das ist ja nicht alles. Als Braut bringt man ja auch einen Brautwagen mit ins neue Zuhause. Mal überlegen, ob ich es noch zusammenbekomme, was auf meinem war: einen Kleiderschrank habe ich mitgebracht, ein Butterfass natürlich, ein Salzfass, mein Festtagskleid, die selbst gefertigten Bett- und Kissenbezüge, ach ja und die Tischdecken …
Enkelin Marie: Und waren du und Großvater dann auch so richtig doll ineinander verliebt?
Altbäuerin Katharina: Ach Marie … Natürlich, ich habe ihn schon gemocht. Aber eins kannst du dir merken: An erster Stelle steht immer der Hof. Der Hof ist alles, was zählt. Den will man erhalten und dafür arbeitet man. Das ist das Leben von uns Landleuten.
Für Gefühle ist da nicht viel Platz. Eins kannst du dir merken: Liebe vergeht, Brautschatz besteht.
Foto: Bielefelder BauernhausMuseum