Station: [11] Bürgeler Werkstätten in der DDR
Nach dem Zweiten Weltkrieg setzt sich der staatliche Einfluss auf die Bürgeler Töpferbetriebe fort. Die Tonwarenfabriken C.A. Schack und Carl Gebauer werden enteignet. Aus der Töpferei Carl Gebauers wird ein „Volkseigener Betrieb“, der zwischenzeitlich zu unterschiedlichen Kombinaten gehört. Ab 1981 trägt er den Namen ,,Alt-Bürgeler Blau-Weiss‘‘.
In den Werkstatträumen der Schack´schen Fabrik eröffnet Viktor Greiner 1955 seine Handtöpferei.
1959 droht vier weiteren Betrieben die Enteignung. Daher schließen sich Herbert Reichmann, Otto Neumann, Carl Fischer und Walter Krause gezwungenermaßen zur „PGH Kunsthandwerk Bürgel“ zusammen. Die Werkstätten können so als relativ unabhängige Meisterbereiche fortbestehen.
VEB, PGH und Viktor Greiner richten ab den sechziger Jahren die Produktion nahezu komplett auf das Blau-weiß-Dekor aus. Für den staatlichen Kunsthandel prägen sie damit das bis heute gültige Stereotyp der Bürgeler Keramik.
Zwei weitere Werkstätten haben entscheidende Bedeutung für die Töpferei, weit über die Stadtgrenzen hinaus: die 1934 von Walter Gebauer gegründete Werkstatt und die 1972 aus Töpferei Krause hervorgegangene Ausbildungswerkstatt der Hallenser Kunsthochschule Burg Giebichenstein. Die Hochschulwerkstatt arbeitet zweigleisig: sie ist Experimentierfeld und Ausbildungsort. Gleichzeitig produziert auch sie das Blau-weiß-Geschirr in Serie.
Die Bürgeler Keramik ist nicht nur in der DDR ein gefragtes Gut. Als Exportartikel bringt sie wertvolle Devisen ins Land, doch die eigene Bevölkerung muss mit der zweiten und dritten Wahl vorliebnehmen. Aber selbst diese ist „Bückware“ und begehrtes Tauschgut. So kann man „Blau-weißes“ gegen andere rare Artikel tauschen. Die Hallenser Kunsthochschule beispielsweise wird schneller als geplant mit Computern ausgestattet, weil man mit Hilfe eines Kartons Keramik aus der Hochschulwerkstatt die Lieferung von Robotron aus Dresden beschleunigte. Auf dem ab 1971 stattfindenden Bürgeler Töpfermarkt bildeten sich schon in den frühen Morgenstunden lange Schlangen. Teilweise wird schon am Vortag angereist, um die begehrte Ware zu erlangen. Was für Stücke man am Ende erwerben kann, ist dabei nicht klar. Wichtig war, überhaupt etwas zu ergattern, als eigene Tischzier oder als Tauschobjekt.