Station: [10] Staatliche Regulierung
1933 gelangt der Nationalsozialismus in Deutschland an die Macht und mit ihm eine neue und volkstümelnde Ästhetik.
Die innovativen und avantgardistischen Entwürfe von van de Velde oder Gustav Weidanz landen in der Schublade. Sie werden als „handwerksschädigend“ abqualifiziert und die Bürgeler Keramikproduktion auf den Weg des vermeintlich bodenständigen Bauerngeschirrs zurückgeleitet.
Das Berliner Amt „Schönheit der Arbeit“, das sich um die ästhetische Aufbesserung von Massenarbeitsplätzen kümmert, vergibt Großaufträge für Kantinengeschirr an Carl Fischer: Das charakteristische Blauweiß-Dekor wird hierfür aus Rohstoffmangel umgekehrt. Statt blauer Engobe mit weißen Punkten bestimmt nun die weiß-gelbliche Färbung des gebrannten Scherbens Teller und Tassen. Die helle Grundfarbe zieren nun große blaue Punkte.
Die Firma wird im Dritten Reich als „kriegswichtig“ eingestuft, auch da sie ausgebombte Familien mit neuem Geschirr versorgen kann. So wird auch während des Krieges weiter produziert – unter anderem erfolgt der Einsatz von drei Fremdarbeitern.
Die staatliche Einflussnahme auf die Keramikproduktion setzt sich in der DDR fort – nun aber wieder im klassischen Blauweiß. Das Dekor – sei es nun Ausdruck volkskünstlerischen Schaffens oder nicht – trifft einen Zeitgeschmack und avanciert schließlich zum begehrten Exportartikel, der Devisen ins Land bringt.
Für die einheimische Bevölkerung bleibt dabei nicht viel übrig. In den ganzen Jahren der DDR ist Bürgeler Blauweiß die typische Bückware, die unter dem Ladentisch weitergegeben und gegen andere, ebenso begehrte Raritäten eingetauscht wird.