Station: [113] Pietà und Vesperbildkapelle St. Aegidius
Josef:
Oh! Das ist doch wieder die Mutter Maria. Mit dem toten Jesus auf den Knien. Erinnerst du dich? Die haben wir schon im Museum kennengelernt. Und hier trauert sie schon wieder…
Maria:
… schon wieder und immer noch, lieber Josef.
Josef:
Oh, guten Tag ehrwürdige Maria!
Maria:
Der Tod meines Sohnes ist ein ganz schlimmer Moment, der einem das Herz zerreißt. Auch 2.000 Jahre später noch. Und deswegen wird er so oft dargestellt. In vielen Kirchen, in vielen Gemälden und Skulpturen.
Josef:
So wie hier, an der Kirchenmauer.
Maria:
Ja, genau, hinter mir ist die Kirche. Aber damit uns die Menschen jeden Tag sehen, hat man uns hier draußen hingestellt… vor hunderten von Jahren schon.
Josef:
Und damit Regen und Schnee Euch nichts anhaben können, hat man dann auch ein kleines Häuschen um Euch herum gebaut. In neugotischen Formen! Das hat der Johann Franz Goldkuhle gemacht, ein wichtiger Bildhauer der Wiedenbrücker Schule.
Maria:
Mag sein, mag sein.
Josef:
Der hat die Entwürfe vom Paderborner Dombaumeister Arnold Güldenpfennig bekommen… der hat ihm gesagt, wie es aussehen sollte, nämlich: Ein kleiner Kapellenraum mit einem Steinaltar für Eure Statue. Draußen… darüber vier kleine, behelmte Türmchen und zwei dahintergelegene, höhere Türmchen und eine Rosette mitten in einem spitzen Schmuckgiebel…
Maria:
Mag sein, mag sein. Die Kapelle ist ja schön und gut. Aber… wenn ich es mal so formulieren darf: Sie ist doch nur das schmückende Beiwerk…
Josef:
Genau, das schmückende Beiwerk. Das aber auch ganz wichtig ist, damit Ihr und Euer Sohn gut aufgehoben seid. Denn viele Menschen kennen und lieben Euch ja und sind tief ergriffen von Eurem Schmerz.
Maria:
Ja, richtig. So soll es sein.
Josef:
Die Frau Hensel zum Beispiel, die früher hier gewohnt hat.
Maria:
Ja, ich erinnere mich. Die kam oft hier vorbei und hat meinen Schmerz zutiefst mitempfunden.
Josef:
Und ein Gedicht hat sie auch über Euch geschrieben!
Maria:
So ist es gut. Sie scheint eine demütige und ehrenhafte Frau gewesen zu sein.
Josef:
Das kann man wohl sagen! Und viele andere Wiedenbrücker Menschen verehren Euch auch. Als Sinnbild der Trauer und als besonders schönes Kunstwerk.
Maria:
Das freut mich aus ganzem Herzen. Aber nun, lieber Josef, lass mich weitertrauern um meinen Sohn. Adé, kleiner Josef.
Josef:
Hups! Schon ist sie wieder in ihrer Trauer versunken, die Mutter Maria. Komm, lass uns schauen, ob wir noch mehr Kunstwerke finden. Hier auf dem Marktplatz und rund um die Kirche, da gibt es bestimmt noch jede Menge!
Alle Abbildungen : Torsten Nienaber, © Wiedenbrücker Schule Museum