Station: [20] Luise Hensel
Ernst und schwermütig blickt die junge Frau über ihre rechte Schulter. Es ist Luise Hensel, eine Wahl-Wiedenbrückerin, und eine der wichtigsten christlichen Lyrikerinnen des 19. Jahrhunderts.
Sie kennen es alle: Luise Hensels Nachtgebet „Müde bin ich geh zur Ruh…“
„Schließe beide Äuglein zu. Vater, lass die Augen dein über meinem Bette sein! Hab ich Unrecht heut getan, sieh es, lieber Gott, nicht an.“
Sie schrieb das kindlich-romantische Gebet im Jahr 1816, mit gerade einmal 18 Jahren! In dieser Zeit verkehrte sie in dem Berliner Salon des Staatsrats Friedrich August Staegemann und seiner Frau Elisabeth. Hier traf sie die literarischen und künstlerischen Größen ihrer Zeit… und hinterließ so manches zerbrochene Herz.
Es ging nicht anders: Nach eigenen Angaben hatte sie bereits den Entschluss gefällt, den sie einige Jahre später in die Tat umsetzte: 1818 konvertiert die evangelische Pfarrerstochter zum katholischen Glauben, verlässt Berlin und legt 1820 das Keuschheitsgelübde ab. Als ihre Schwester verstirbt, nimmt sie sich ihres Sohnes an und kommt mit ihm 1823 nach Wiedenbrück. Der Junge soll am Gymnasium Marianum beschult werden.
Später unterrichtete sie an Mädchenpensionaten, Höheren Töchterschulen und lebte als Erzieherin in einer großbürgerlichen Familie. Unermüdlich war sie in karitativer Mission unterwegs und gründete auch selbst wohltätige Kreise und Zirkel. 1853, mit 55 Jahren, kommt sie zurück in ihre Wahlheimat Wiedenbrück. Gut zwei Jahrzehnte lebt sie am Markt, mit Blick auf die Sankt-Aegidius-Kirche. Sie schreibt auch in ihren Wiedenbrücker Jahren tiefreligiöse Lyrik. 1867 beispielsweise entsteht das Gedicht „Fasten“, das mit der Beschreibung einer Christusstatue anhebt:
Seh' ich dein Haupt umwunden
Vom blut'gen Dornenband
Und doch den Blick voll Liebe
So treu mir zugewandt:
Dann will das Herz mir brechen,
Das dich zum Tod betrübt,
Und wieder froh sich heben,
Weil du mich so geliebt. –
Eine Zwiesprache mit ihrem Erlöser? Vielleicht haben ja sogar die ausdrucksvollen Holzstatuen der Wiedenbrücker Schule Pate für Luise Hensels Christusbild gestanden?
An der Aegidiuskirche, gegenüber von ihrem letzten Wiedenbrücker Domizil, hängt heute eine Gedenktafel zu Ehren von Luise Hensel.
Wir sind nun am Ende unseres Rundgangs durch das Wiedenbrücker Schule Museum angekommen und hoffen, es hat Ihnen gefallen. Wenn Sie noch tiefer in die Kunst- und Stadtgeschichte von Rheda-Wiedenbrück eintauchen wollen: Mehr als 40 Kunstwerke im öffentlichen Raum warten darauf, von Ihnen entdeckt zu werden. Einen kurzen Audiokommentar zu jedem Kunstwerk können Sie ebenfalls über das System von museum.de abrufen.
Alle Abbildungen : Torsten Nienaber, © Wiedenbrücker Schule Museum
Wir würden uns freuen, Sie bald wieder begrüßen zu dürfen: hier im Museum oder an einem der öffentlichen Kunstwerke in der Stadt. Für heute sagen wir: Danke schön und: Auf Wiedersehen!