Station: [15] Sprachtaler
Taler, Taler, du musst wandern, von der einen Hand zur andern, das ist schön, das ist schön, Taler lass dich nur nicht seh’n.
Diesen Sprachtaler in den zusammengelegten Händen zu verstecken, das dürfte allerdings ziemlich schwer werden!
Und genau darum ging es auch! Der Sprachtaler sollte nicht verschwinden können. Die Menschen, die in den Bauerschaften rund um Wiedenbrück lebten, waren ihrem Landesherrn zu Abgaben verpflichtet – nicht anders als die Städter. Im Gegensatz zu den Stadtbewohnern konnten die Bauern in den weit auseinanderliegenden Höfen allerdings nicht auf die üblichen Kommunikationskanäle vertrauen. Dennoch wollten die Steuereinnehmer des Bischofs bei ihrer Ankunft alle Abgaben fertig vorbereitet vorfinden. Damit also kein Bauer seine Unwissenheit vorschützen konnte, wurden die wichtigsten Informationen in den Bauerschaften zusammen mit einem solchen Taler weitergegeben.
Und das ging so: Der Vorsteher einer Bauernschaft – der sogenannte Meier – erhielt eine amtliche Ankündigung oder andere wichtige Nachricht vom Landesherrn. Er nahm den Taler, ging zum ersten Hof, überbrachte die Nachricht und ließ den Taler dort. Nun musste jeder Bauer Nachricht und Taler an seinen Nachbarn weitergeben. Der Taler durchlief in einer festgelegten Reihenfolge die Höfe und kam irgendwann wieder zum Meier zurück.
Wenn nicht… wenn also die Nachricht irgendwo steckenblieb, war der Schuldige schnell ermittelt: Derjenige, bei dem der Taler aufgefunden wurde, hatte geschlafen und bekam eine Strafe aufgebrummt.
Den Bauern war also daran gelegen, den Sprachtaler möglichst schnell wieder loszuwerden und weiterwandern zu lassen. Und so machte auch die Nachricht die Runde. Wie oft es in diesem Stille-Post-System allerdings zu Missverständnissen und Sinnentstellungen gekommen ist – das ist nicht überliefert.
Alle Abbildungen : Torsten Nienaber, © Wiedenbrücker Schule Museum